35,34 km – 11,16 h
Wieder ein Morgen der mich mit wolkenlosem Himmel begrüßt. Über das Wetter kann ich mich auf dieser Reise tatsächlich nicht beschweren. Klar regnet es hier auch ab und zu, aber insgesamt überwiegen die guten Tage bei weitem.
Ich lasse die Brücke hinter mir und muss mich in Låddejåhkå erst einmal orientieren. Als hätte ich es gewusst: mein Weg ist natürlich der, der am steilsten bergauf führt. Aber es ist früh, ich bin fit und gut gelaunt geht es Schritt für Schritt nach oben. Nach 700 Meter und 250 Höhenmeter hat sich das mit dem „fit fühlen“ erledigt.
Dafür entschädigen mich aber die nächsten Stunden. Ich komme an einen Wegweiser, der zwei verschiedene Routen zur nächsten Hütte, der Gisuris, ausweist. Eine Route führt am See entlang und die andere, die „gamle leden“ (alte Straße) führt direkt durch die Hochebene und verspricht deutlich mehr Höhenmeter – ist aber auch sechs Kilometer kürzer! Ich entscheide mich über die Berge zu laufen und bereue die Entscheidung keine einzige Minute. Die Anstiege sind sehr moderat, der Trail ist zwar nur durch Steinmarkierungen und ein paar blau-gelbe Farbfragmente gekennzeichnet, aber auch ganz ohne Wegweiser könnte man den Pfad nicht verlieren. Allerdings weht hier oben ein wirklich kräftiger Wind. Bei Prognosen mit stärkeren Böen oder gar Unwettern würde ich diesen Weg nicht gehen wollen.
Die Landschaft hier oben ist unbeschreiblich (ok – grüne Grasflächen und Steine) und die Weite atemberaubend. Ich habe alle Zeit der Welt und wenn ich den Begriff „Freiheit“ malen müsste, würde mein Bild genau so aussehen.
Ich habe das Gefühl extrem schnell voran zu kommen, der Wind treibt mich vor sich her und auf dem Trail lässt es sich gut laufen. Erst zwischen dem Loadásj und dem Luvddo durch, dann über den Gipfel des Njierek. Lediglich der Abstieg nach Gisuris erfordert Konzentration.
An der Gisuris-Hütte ist einiges los und es ist deutlich zu merken, dass ich mich auf einem bekannten Wanderweg bewege. Neben Hütten und dem Zeltareal gibt es hier ein Nottelefon und an einer Hütte hängt ein Schild mit der Aufschrift „Shop/Buttik“. Wie gut sortiert der Laden ist kann ich aber nicht in Erfahrung bringen. Hier in Gisuris treffe ich auch wieder auf den regulären Wanderweg zur Fähre bei Akka – und gleich wird es richtig voll auf dem Weg.
Ich überhole einige Leute, unter anderem auch Berit aus Berlin, die mich mit meinem Namen begrüßt. Berit hat zuvor Simone und Stefan getroffen und liest meinen Blog regelmäßig. Schon witzig, wenn ein fremder Mensch die Namen meiner Familie kennt und weiß was so in mir vorgegangen ist in den letzten Wochen. Mit so einer netten Begleitung und vielen Gesprächen vergeht die Zeit wie im Fluge und nun laufen wir doch heute noch bis zum Fähranleger nach Akka. Dort warten wir dann fast drei Stunden auf die Abendfähre nach Ritsem. Hier gibt es auch ein kleines Café, dass jeweils vor und nach den Abfahrtszeiten der Fähre geöffnet hat – heute allerdings das letzte Mal für diese Saison. Nach und nach kommen weitere Passagiere, bis es um 18:45 Uhr dann über den Akkajaure geht.
Vorgestellt habe ich mir die Herberge in Ritsem wie ein Fjellhotel und so bin ich doch ein wenig enttäuscht, als wir ankommen. Ritsem besteht aus einem Wohnwagenpark und einem langgestreckten, etwas schäbig wirkenden Holzbau. Obwohl ich eigentlich zelten wollte entscheide ich mich spontan um und nehme ein Bett. Der Zeltplatz ist eine spärliche Wiese direkt gegenüber dem Haupteingang ins Gebäude und grenzt an den Parkplatz. Einige Zelte teilen sich bereits den kleinen Platz mit hohem Gras.
Mit dem Bett in einem Viererzimmer habe ich dann Glück. Da ich der einzige unangemeldete Wanderer bin habe ich den Raum für mich alleine. So kann ich morgen früh in Ruhe meinen Proviant sortieren bevor ich das Nötige im Kiosk nachkaufe. Der ist nämlich tatsächlich recht gut bestückt und auf den ersten Blick ist alles da was ich brauche. Ich habe vor ein paar Tagen schon eine Mail geschickt und darum gebeten mir eine wichtige Sachen wie Müsli und Riegel zurück zu legen. Darauf hat Greger geantwortet und zugesagt, dass die Dinge reserviert werden, es wäre aber nicht nötig gewesen. Ich bezahle das Zimmer und nehme gleich eine Tiefkühlpizza und ein Bier mit. In der Gemeinschaftsküche gibt es Backöfen und nach einer heißen Dusche sitze ich dort zusammen mit Berit und wir essen gemeinsam. Ein kläglicher Ersatz für das eigentlich erwartete Abendessen. Eine Bewirtung mit Mahlzeiten wird dort aber nicht angeboten, auch kein Frühstück!
Fazit: und wieder ein Tag mit unvergesslichen Eindrücken und – für mich noch wichtiger – einer neuen Trail-Bekanntschaft. Die vielen Begegnungen, ob es nur ein kurzer Gruß im Vorbeigehen, ein kurzes Gespräch auf dem Trail oder ein paar Stunden gemeinsame Reise ist, machen diese Wanderung zu etwas Besonderem.
Schön Dich getroffen zu haben. Es war mir ein Fest! Du bist ein prächtiges Menschenkind.
Gutes Gelingen noch. Du schaffst das. Und vor allem viel Spaß u Muße. Ich werde weiter mitlesen.
Nicht vergessen, wenn Du wieder zu Hause bist, Dein Arbeitspensum/Woche kritisch überdenken.