23,43 km – 07:29 h

Wenn es eine Gegend gibt, die ihren Namen wirklich verdient hat, dann ist es das Steindalen! Scheinbar habe ich, ohne es zu bemerken, doch ein Portal durchschritten – nur bin ich nicht auf dem Sofa, sondern auf dem Mond gelandet!

Wie gestern geplant bin früh aus den Daunen. Zum Frühstück gibt es heute mal Kartoffel-Möhren-Eintopf von gestern. Etwas gewöhnungsbedürftig, geht aber auch morgens. Leise die Sachen packen, dann bin um 06:00 Uhr auch schon auf dem Weg. Ein steiler Anstieg, raus aus dem Bjøllådalen, dann erreiche ich das Steindalen. Die Rentierherden begleiten mich wieder, eigentlich schon keine Besonderheit mehr sondern ein alltägliches Bild.

Das Steindalen ist eine felsige Hochebene zwischen den Bergen Steindalstind, Lønstinden und Addjektinden… aber Bilder geben am besten einen Eindruck wieder:

der Anfang war noch ok.
und so sah der „Weg“ dann die nächsten drei Stunden aus.
also ein Steinriese bist du ja wohl nicht!

Das Laufen über die Geröllfelder hatte ich schon ab und zu, allerdings nicht über gut 10 km. Nicht nur dass ich höllisch aufpassen und mich konzentrieren muss, viele der Blöcke liegen nicht fest und kippen beim Betreten weg. Ich habe tatsächlich Angst vor einem Fehltritt und meinem überlasteten Knie gefällt das definitiv auch nicht. Ich komme mir vor wie ein Dallschaf! Es beruhigt ein wenig zu wissen, dass sich hinter mir noch vier andere NPL‘er durch das Geröll kämpfen.

Erst als es wieder hinunter in das Lønsdalen geht wird es etwas entspannter. Immer entlang des Lønselva kann ich das Laufen und die Aussicht wieder genießen. Ich grübel die ganze Zeit über die weitere Strecke bis nach Sulitjelma nach. Ich kann es kaum erwarten dort die neuen Schuhe (!) und die neue Isomatte zu bekommen und ich könnte schon am Dienstag statt am Mittwoch dort ankommen. Das bedeutet aber drei Tage mit je 23 Kilometer und keine Hütten am Abend sondern schlafen auf der „Buckelmatte“ – es sei denn ich hänge noch ein paar Kilometer dran… Ich werde mir das Ganze nachher in der Hütte nochmal genauer ansehen. Andererseits treibt mich ja auch niemand…

kurze Pause mit Aussicht
oder doch lieber weiter?

Um meinem Knie etwas Ruhe zu gönnen, werde ich heute in der Lønsstua bleiben und morgen versuchen die Argaladhytta zu erreichen. Etwa 1 km vor meinem Ziel erwischt mich dann noch ein heftiger Regenschauer, der mich in Sekunden durchnässt – egal, gleich bin ich an einem warmen Ofen…

In der Lønsstua begrüßen mich Daina und Nadja, brechen aber schnell auf um heute noch einige Kilometer zu laufen. Wir verabschieden uns, denn Daina werde ich wohl so schnell nicht wieder sehen. Nadja wird ihren Mann treffen und dann „langsamer“ den Kungsleden in Schweden hochlaufen. Es ist gut möglich, dass ich die Beiden auf dem ersten Stück (Padjelanta) noch mal wiedersehe.

Nach ein paar Minuten kommen sie nochmal zurück und bringen zwei hart gekochte Eier mit… abgestaubt im benachbarten Saltfjellhotel… Vielleicht ja eine Möglichkeit morgen gut zu frühstücken? Ich werde mal sehen…

In der Lønsstua ist viel Betrieb und lange bin ich nicht alleine. Zuerst kommt eine ältere Dame die eine Woche durch das Saltfjell gewandert ist und heute mit dem Zug aus Lønsdal wieder heim fährt. Als nächstes eine Familie (?) die in die kleine „Einliegerwohnung“ einzieht aber ohne ein Wort der Begrüßung hier in der Haupthütte ein und aus geht… So etwas bin ich bisher in Norwegen nicht gewohnt. Den Abend vertreibe ich mir mit lesen und schreiben. Und ich habe endlich die Einkaufsliste für Sulitjelma fertig. Um 21:30 verschwinde ich im Bett – meine Nachbarn sind recht laut, ich hoffe das legt sich noch.

Fazit: gestern habe ich noch über den Alltag geschrieben, heute dann eine Teleportation auf den Mond – es bleibt eben doch ein spannendes Abenteuer. Wenn nur Knie und Füsse durchhalten…!