26,87 km – 08:10h

Heute bin ich in Jonasvollen, am Femundsee angekommen. Für mich ein persönlicher Meilenstein. Hier haben wir 2015 unsere ersten richtigen Touren mit dem Seekajak gemacht und die Gegend zwischen Femund- und Isterensee kennen wir zwar vom Wasser aus, aber nicht von der Landseite. Aber der Reihe nach…

Gelände heute nicht ganz einfach

Ich bin früh auf um viel Zeit für die knapp 27 km zu haben und mache zum Frühstück einen Kaffee, das obligatorische Porridge und eine frische Tüte Motivation auf. Offensichtlich brauche ich nach einem Pausentag erst mal wieder Anlauf um in meinen „Tritt“ zu kommen. Das kenne ich ja nun schon. Wenn ich dann erst unterwegs bin „geht das Laufen gut von der Hand“ (eine Paradoxon 😬). Auch heute folge ich dem DNT-Weg von Ellefsplass bis Jonasvollen. Gut markiert und ordentlich sichtbar führt der Weg unterhalb des Sålekinntoppen über das Fjell. Habe ich eigentlich schon erwähnt, wie sehr ich die weiten, offenen und kargen Hochebenen Norwegens liebe? Aber erstmal muss ich raus aus dem Tal, durch sumpfige Krüppel-Birken-Strauchzeugs-Wälder und durch Schwärme von Flicken… aber heute bin ich vorbereitet und habe das Moskitonetz schnell zur Hand!

Jetzt höre ich zwar immer noch das nervtötende Summen aber mir fliegt nichts mehr ins Gesicht oder in den Mund. Oberhalb der Baumgrenze ist der Spuk dann auch schon wieder vorbei – aber ich muss ja wieder runter ans Femund-Ufer…

Mitten zwischen den Felsen sehe ich an einem alten Schneefeld plötzlich etwas Blaues leuchten und als ich neugierig näher komme, steht dort ein blaues Zelt und ein Wanderer ist grade dabei seine Ausrüstung zusammen zu packen. Ich grüße freundlich und frage, ob das Frühstücksbuffet schon vorbei ist… Der Kollege heißt Ronny und kommt nicht aus Chemnitz oder Dresden, sondern aus der Nähe von Oslo. Ronny durchquert Norwegen von Ost nach West und war die ersten Tage mit seiner zehnjährigen Tochter unterwegs, musste sie jedoch von der Mutter abholen lassen. „Ich musste zwei schwere Gepäckstücke tragen, eines auf dem Rücken, das andere am Arm…“, so sagt er.

Trail-Style: Zelt passend zur Jacke

Als ich von meinen Plänen erzähle fragt Ronny sofort, ob ich auf der NPL-Liste stehe und als ich bejahe sieht er auf seinem Handy nach. Ronny weiß also Bescheid über NPL…! Dann bedankt Ronny sich noch für den Elch – auf meinen verständnislosen Blick erzählt er von einem Elchbullen der vor 15 Minuten fast direkt an ihm vorbeigelaufen ist, als er seine Morgenroutine erledigt hat. Mit Sicherheit wurde das Tier von mir aufgeschreckt und ist geflüchtet, weil ich mit dem Wind gekommen bin. Schade! Eine halbe Stunde unterhalten wir uns noch, dann verabschiede ich mich und jeder geht seiner Wege… das war Ronny mit dem blauen Zelt.

Der Weg wird wieder recht anspruchsvoll und führt dann allmählich runter ins Tufsingdalen und zurück zu meinen Millionen Followern (das soll mir mal jemand nachmachen in so kurzer Zeit!). Meine Route führt an einer „unbedienten“ (Not-) Hütte vorbei. Einmal reinschauen ist natürlich Pflicht, auf meiner weiteren Tour werden im Norden fast nur noch solche Unterkünfte vorkommen – mit den gut gefüllten Proviantlagern ist es dann vorbei. Die Dosenpfirsiche vermisse ich jetzt schon!

Schlafen, kochen, sitzen und warm… reicht!

Der Rest des Weges führt dann über zwei Bauernhöfe und vorbei an landwirtschaftlich genutzten Flächen. Auf der Schotterstraße, keine zwei Kilometer von meinem Ziel entfernt, sehe ich sie dann und kann es kaum glauben:

Überraschung!

Die ersten beiden Rentiere! Und das einfach so unromantisch auf einer Schotterstraße. Völlig ohne Hektik knabbern die Beiden ein paar Birkenblätter am Straßenrand, als ich näher komme gehen sie gemächlich über die Straße und verschwinden zwischen den Büschen.

Der Femund

Jonasvollen ist zwar auch ein Campingplatz, in erster Linie aber ein Fähranleger der Fæmund II. Eine Fähre vom Nord- zum Südende des Sees… Hmmm – vom Süd- zum Nordende!! Da kommt mir doch der Gedanke… aber nein, ich bin ja eh schon zu schnell unterwegs, was soll ich mit der Zeit anfangen, wenn ich jetzt die Fähre nehme anstatt zu Fuß zu gehen? Andererseits ist für morgen heftiger Regen angesagt und wirklich schön ist der Platz nicht. Abwettern ohne geschützte Sitz- oder Kochmöglichkeit ist hier echt kein Vergnügen … Ich werde heute Abend noch ein wenig darüber nachdenken.

Meine Ankunft am Femund feiere ich heute mit einer Extraportion Kalorien. Nicht unbedingt wertvoll aber lecker!

Fazit: wieder ein Tag mit unverhofften und netten Begegnungen und mit einer großen Versuchung…