18,50 km – 05:56 h
Was bitte war das denn für eine Nacht!? Obwohl der gestrige Tag lang und anstrengend war, konnte ich kein Auge zu machen. Die Hütte hat im Spitzboden ein Matratzenlager, Schlafkojen, die über die ganze Hüttenlänge nebeneinander aufgereiht sind. Stehen kann ich dort nur gebückt und die Fenster an den beiden Giebelseiten zu öffnen traue ich mich wegen der Mücken nicht. Obwohl ich der einzige Gast bin, steht die Luft schwülwarm im Raum. Kein Wunder, wenn die Sonne den ganzen Tag auf das sicher nicht besonders gut gedämmte Dach scheint. Dann dort oben in einem Daunenschlafsack zu liegen, der gut und gerne für -8 Grad ausgelegt ist, ist eine echt schweißtreibende Belastungsprobe. Warum bei der Wärme im Schlafsack? Na wegen der Mücken, deren Gesumme ich ständig in den Ohren habe. Obwohl ich alle unbedeckten Körperstellen mit Autan eingesprüht habe (noch eine besondere Note auf dem Dachboden) erwischt mich eine Mücke nach der anderen. Meine Gegenwehr ist zwar durchaus erfolgreich, aber an Schlaf ist dabei auf keinen Fall zu denken. Gerädert und todmüde packe ich um 03:30 meine Klamotten zusammen und ziehe nach unten. Fragt mich bitte nicht, warum ich das nicht schon eher gemacht habe!! Hier bekomme ich dann doch noch ein Auge zu, bin aber zu gewohnter Stunde wieder auf den Beinen. Gut, dass es heute nur eine kurze Laufstrecke gibt, die eigentlich auch nicht besonders anspruchsvoll ist. Na ja, wenn man von dem ersten Anstieg hinauf auf die Hochebene zwischen Brurhøgda und Gråhøgda mal absieht.
Der weitere Weg ist gut markiert, navigieren muss ich so gut wie garnicht. Es geht mal hoch, mal runter, fast immer im Schatten der Bergkuppen und immer durch das grüne, größtenteils trockenen „Moosland“. Ich bin darüber heilfroh, denn ohne ausreichend Schlaf bin ich schnell mit meinen Kraftreserven am Ende. Ich spiele zwar kurz mit dem Gedanken meinen Rucksack abzusetzen und ohne Gepäck auf den Gipfel des Gråhøgda zu steigen, aber dann ist es mir den zusätzlichen Kraftaufwand nicht wert. So viel anders ist der Ausblick 200 Meter höher dann auch nicht.
Nach der grandiosen Weite geht es dann wieder hinunter in das Holødalen. Es wird sumpfiger, matschiger, nasser – und natürlich kommen auch meine Blutsbrüder wieder und besuchen mich (wenn es denn eine „einseitige Blutsbrüderschaft“ gibt). Weil aber auch die Sonne hinter dichten Wolken verschwindet und ein frischer Wind aufkommt lässt sich das Fliecken-Problem aushalten (FLIEgen-müCKEN-Problem). Ich überlege grade, ob die Fliegen nicht auch zu den großen Problemen eines Langstreckenwanderers gehören und einer gesonderten Betrachtung würdig sind… mal sehen wie sich das noch so entwickelt.
Aus dem sumpfigen Pfad durch den niedrigen Birkenwald wird bald ein Schotterweg, dann eine Asphaltstraße. Mein Ziel heute ist die Ellefsplass-Hütte. Eine DNT-Unterkunft, die etwas aus dem Rahmen fällt. Erstens liegt sie an einer „echten“ Straße und zweitens ist es weniger eine Hütte sondern ein Enebolig (Einfamilienhaus), das vom Tourismusverband angemietet (?) und als Wanderunterkunft genutzt wird. Im Gegensatz zu den Fjellhütten gibt es hier aber fließend Wasser im Haus, eine 220V-Stromversorgung, eine Einbauküche und ein komplettes Bad mit Dusche! Ich fühle mich hier eher wie in einer AirBnB-Unterkunft als in einer Wanderhütte.
Da ich noch einige Tage Zeit „totschlagen“ muss, denke ich darüber nach morgen auch hier zu bleiben und ohne Gepäck den Elgspiggen zu besteigen. Das ist mit gut 1.600 m der höchste Berg in der Umgebung, allerdings gibt es keinen Pfad dort hinauf. Ich werde das morgen entscheiden. Was mir beim Blick in die Karten allerdings grade auffällt ist, dass ich mich nur wenig oberhalb des Langsjøen befinde und auch den Johnsgård-Campingplatz habe ich grade wiederentdeckt. Dort haben wir 2015 einige Zeit mit unseren Seekajaks verbracht. Leider ist der Platz von Norden aus nur über den Gipfel des Gloføkkampen zu erreichen und das wären 25 km in die falsche Richtung.
Fazit: Ausruhen oder Extra-Wanderung – das ist hier die Frage… 🤔
Eine interessante Fazit-Frage, ich bin gespannt 🙂
Hallo Daniel, ich habe dich – mit Lesen – mal wieder eingeholt. Wunderbar mit dir unterwegs zu sein. Die Vorstellung „du und die Kuhherde am Nordkapp“… Herrlich… 🙂
Ich danke dir, dass du jeden Tag berichtest, ehrlich und mit einer phantastischen Portion Humor.
VG, Andrea
PS: Und schon summt die erste Mücke an mein Ohr… im Bett…
Fliecken 😀😃
herrliches Wortspiel!
Das mit den Kühen habe ich mir auch vorgestellt 😀
und ein geräuschvolles Lächeln huschte über mein Gesicht