32,85 km – 10,05 h

Nach einer ausgeschlafenen Nacht mit eiskalten Füßen (???) fängt der Morgen mit gewohnt blauem Himmel an. Ich packe, wie gestern, ohne Frühstück zusammen. Früh starten, erst ein paar Kilometer zu laufen und dann in Ruhe eine ausgedehnte Frühstückspause zu machen finde ich sehr angenehm. Aber zuerst muss ich ja aus dieser Wildnis rausfinden. Ich peile den nächsten befestigten Weg auf der kürzesten Strecke an und stapfe munter durch das kniehohe Buschwerk und das ein oder andere Sumpfloch. Nach etwa 1000 m habe ich einen Weg erreicht, der macht zwar einen Bogen, ist aber nur ein kleiner Umweg dann bin ich wieder auf dem Mjølkevegen. Hier geht es zwar etwas langweilig und stetig den Berg hinauf, aber der immer grandiosere Ausblick auf das fantastische Panorama der Jotunheimen-Ausläufer (?) entschädigt mich. Ich möchte alle paar Meter stehen bleiben und fotografieren, man sieht auf den Fotos zwar nicht den überwältigenden Eindruck, ich mach‘s aber trotzdem.

Um 09:00 gibt es dann die (dringend notwendige) Frühstückspause an einer Rastbank. Der Wind ist trotz Sonnenschein lausig kalt, aber ich bin ja auch auf gut 1000 m Höhe. Ich lasse mir Zeit bis mir kalt wird, dann packe ich zusammen und laufe weiter.

Fast hätte ich den Abzweig auf einen anderen Weg verpasst… weil erkennbar ist der nicht wirklich! Aber wenn man genau hinsieht bemerkt man auch eine alte Fahrspur. Diesmal traue ich der Komootplanung, mein Garmin kennt diese Fahrspur auch.

Ein bisschen zögernd folge ich dem „Weg“ und auf das was dann kommt bin ich nicht vorbereitet. Ich glaube, dies ist die bisher schönste Etappe der letzten 28 Tage! Schade das Simone und Stefan „ihren“ Weg nicht gehen können. Die Fahrspur lässt sich nach ein paar Metern gut verfolgen, wird zu einem Trail durch kleine Birkenwälder, über Restschneefelder und teilweise durch die „norwegische Tundra“. Ein großartiger Weg, der mir unglaublich viel Spaß macht und extrem abwechslungsreich ist. Hier mal ein paar Eindrücke:

Na ok, so richtig oft wird der Weg nicht genutzt.

Eine ganze Weile laufe ich durch savannenähnliche Gegend, ein guter Platz um einen Wester zu drehen: der einsame Cowboy schreitet dem Sonnenuntergang entgegen, den Sattel geschultert… Sträucher wehen über den Weg… Warum bitte kommt mir jetzt Lucky Luke und die Yps-Hefte in den Kopf???? 🤔

Natürlich gibt es auch wieder viele, wunderbare Campspots, aber es zieht mich heute doch nach Fagernes auf den Campingplatz. Erstens gibt es dort heiße Duschen, zweitens lockt eine Pizza und ein großes Bier.

Da muss ich rüber, dann sind es noch 13 km bis zum Ziel

Nach dem schönen Trail habe ich die Wahl zwischen 8 km auf der E16 oder knapp 12 km auf Nebenstraßen. Dafür muss ich aus dem Tal aber wieder ein gutes Stück aufsteigen. Nun, es ist Sonntag, der Verkehr sollte erträglich sein und letztendlich siegt der Faktor Zeit. Ich will zur Pizza!

Nicht die beste Entscheidung wie sich herausstellen soll. Die Strecke zieht sich und obwohl ich das Laufen an Straßen ja zu genüge kenne, ist es hier mit den Windungen und Kurven besonders schlimm. Ständig wechsle ich die Straßenseite um an unübersichtlichen Stellen nicht übersehen zu werden. Der Sonntags-/Freizeitverkehr ist schlimmer als an Wochentagen und ich vermisse die Entspanntheit und Freundlichkeit der norwegischen Autofahrer. Ich bedanke mich immer freundlich, wenn ein Auto wegen mir ausweichen oder gar bremsen muss, aber mehr als ein kurzes Nicken wird nicht erwidert.

Der Strondafjorden vor Fagernes

Ich werde langsam fusslahm und müde und dann passiert es: Ich trete genau auf die abschüssige Asphaltkante am Straßenrand, knicke trotz Wanderstiefel um und lande bäuchlings auf dem Asphalt. Nicht schön! So schnell es geht rappel ich mich wieder hoch und drücke mich an den Straßenrand um wieder Luft zu holen. Alles ist noch dran, erwischt hat es nur meinen rechten Ellenbogen, mit dem ich den Sturz abgefangen habe. Da muss dann wohl am Campingplatz meine Reiseapotheke zum Einsatz kommen. Es blutet zwar stark, aber ich glaube das ist nichts, was man mit acht oder neun Stichen und ein ein paar Klammerpflaster nicht in den Griff bekommt.

Die Bilder vom blutüberströmten Unterarm und von der Lache auf der Straße erspar ich euch lieber 🤕

Ja ok, da ist die journalistische Freiheit ein wenig mit mir durchgegangen. Sooo schlimm war’s garnicht.

Der Fagernes Campingplatz ist hochmodern, super ausgestattet und extrem (!) teuer. Ich zahle 455,00 NOK (37,90 €) für eine Nacht und eine kalte Cola. Aber der Platz liegt zentral in Innenstadtnähe und ich muss morgen ja einiges besorgen. Wenigsten habe ich einen schönen Platz unter Bäumen am Wasser…

Nach dem Aufbau geht es in die Stadt auf die Suche nach Khalle‘s Corner. Das Restaurant wird auf GoogleMaps hoch gelobt und es gibt endlich die heiss ersehnte Pizza! Und die Rezensionen lügen nicht!

Jetzt sitze ich in der Gemeinschaftsküche, schreibe meinen Blog und schaue den Norwegern beim Fussballschauen zu.

Fazit: Lucky Cook, der Mann der schneller läuft als sein Schatten…