20,89 km – 08:20 h

So schön es gestern Abend auch war, im warmen Schlafsack zu liegen, eine Tafel Schokolade zu essen und dem Regen zu lauschen… jetzt am frühen Morgen ist es einfach nur ungemütlich. Rings um mein Zelt ist es wie in einer Waschküche, der Nebel muss sogar unter das Außenzelt gezogen sein, jedenfalls ist alle klamm und feucht. Und kalt!! Ich habe zwar kein Thermometer aber gefühlt ist es deutlich kälter als gestern an der Hütte – gut, ich bin auch deutlich höher. Ich versuche den Moment, in dem ich aus dem Schlafsack raus muss, so lange wie möglich heraus zu zögern, dann nehme ich allen Mut zusammen und ziehe sofort die Daunenjacke und die Windjacke an. Wie gut jetzt der heiße Kaffee tut, auch wenn das Kochen bei Regen noch optimiert werden muss. Der Wind treibt mir den Regen in das Zelt.

Das Zusammenpacken dauert heute wieder länger, da ich alles unter dem Aussenzelt erledigen muss. Erst im letzten Moment, und plötzlich ohne Nieselregen, lege ich das Zelt flach und verstaue die nasse Außenhaut in einer Plastiktüte.

So richtig Spaß macht das Wandern durch den Nebel nicht. Ich kann kaum die nächste Wegmarkierung sehen uns auf meiner Brille habe ich ständig einen Wasserschleier. Erst gegen 08:00 Uhr kann man erkennen, dass sich die Sonne Mühe gibt den Nebel zu durchdringen. Aber so richtig gelingt ihr das nicht.

In meinen Regensachen bin ich trotz des kalten Windes schnell wieder durchgeschwitzt und es fühlt sich sehr klamm und ungemütlich an. Ein Trost ist mir der Gedanke an die Rostahytta. Dort komme ich um halb elf an und lege eine lange Pause ein. Daina und Max sind ebenfalls schon dort. Wieder ist die Versuchung groß einfach in der warmen Hütte zu bleiben, aber um 11:00 Uhr ist das keine Option. Vielleicht doch, wie Daina, bis zur Gappohytta laufen? Das sind jetzt noch knapp 20 km – also eine Tagesstrecke von über 30… und morgen dass Gleiche nochmal, dann bin ich einen Tag eher in Kilpis, einen Tag eher in der Sauna, einen Tag eher in der Pizzeria… als ich rausschaue und den nebeligen Nieselregen sehe weiß ich, dass ich zwei so lange Tage nicht schaffe (und nicht schaffen will). Ich bleibe bei meiner alten Etappenplanung und übernachte heute nochmal im Zelt, morgen in der Goldahytta und Montag dann in Kilpiskärvi.

Während Daina sich kurz nach 12:00 Uhr auf den Weg macht bleibe ich mit Max noch bis halb zwei in der warmen Hütte sitzen und trinke Kaffee. Erst als es tatsächlich einige Sonnenstrahlen durch die Panoramafenster schaffen breche ich auch auf. Noch 8 km – das ist überschaubar.

Es geht von der Hütte wieder bergauf auf eine ca. 850 m hoch gelegene Ebene, die ringsum von höheren Bergen „eingekesselt“ ist. Durch die Ebene fließt ein recht großer Fluss, der von Wasserfällen gespeist wird. Am Ende der Ebene geht es weiter steil bergauf bis über 1000 m.

Als grade tatsächlich die Sonne durchbricht und die ebenen Flächen am Flussufer im Licht gelb aufleuchten werfe ich meinen Plan über den Haufen und schlage direkt mein Zelt auf. Bevor ich in einer Stunde wieder mitten in einem Geröllfeld stehe und keinen Zeltplatz finde nutze ich lieber die Gelegenheit und bleibe an diesem schönen Ort. Ich lege alle klammen Sachen in die Sonne, sogar mein nasses Zelt ist im Nu trocken und der Fluss bietet eine wunderbare Badegelegenheit… ok, die Gelegenheit ist da, aber ich nutze sie nicht. Es wenig waschen muss auch reichen.

Ein Blick den Pass hinauf zeigt mir, dass dies die richtige Entscheidung war, dort ziehen schon wieder Wolken und Nebelbänke auf. Die Goldahytta ist noch knapp 25 km entfernt, wenn ich morgen zeitig aufbreche sollte das kein Problem sein.

Fazit: heute habe ich etwas von meiner „eigenen Freiheit“ wiedergefunden spontan an einem schönen Ort zu bleiben anstatt den Kilometern hinterher zu jagen. So viel Gelegenheit habe ich dazu nicht mehr. Spätestens in Alta muss ich mich um Rückfahrmöglichkeiten kümmern und ggf. auch fest buchen. Das werde ich mit mindestens zwei Tagen Zeitpuffer tun, aber dann stehen erstmals wieder Fixtermine an.