21,00 km – 09:37 h

Nach zwei Saunagängen, dem Wandertag im Regen und dem Rentiereintopf hätte mich heute Nacht auch kein Tornado wecken können. Meine Mitbewohner waren zwar recht laut, aber mitbekommen habe ich davon nur wenig. Heute Morgen habe ich möglichst leise meine Sachen gepackt und gefrühstückt und bin dann um 07:00 Uhr los. Wie gestern schon geschrieben, will ich noch einmal eine kurze Strecke einlegen und den Rest des Tages Pause machen.

Ziel ist also die Càihnàvàggihytta und das der Weg dorthin kein einfacher sein wird weiß ich schon. Es geht erst bergauf und dann laufe ich westlich des Trehakfjellet durch ein Stein-/Blockfeld – und zwar geschlagene vier Stunden lang! Das ist ein wahrer Wanderkrimi. Zum einen ist es hier oben sehr nebelig und ich frage mich, wie ich die grauen Steinmännchen-Markierungen vor den grauen Steinen überhaupt finden soll, zum anderen ist das Blockfeld noch mal ein gutes Stück anstrengender als das Steindalen vor ein paar Tagen (oder Wochen?). Durch das feuchte Wetter und den Nieselnebelregen sind viele Oberflächen glatt und ich ermahne mich immer wieder selber vorsichtig und langsam zu gehen. Jetzt ist wieder so ein Moment, wo ich gerne eine zweite Person dabei hätte – nur für den Fall… Nochmal anstrengender wird es dann, als es auch noch bergab geht. Jetzt liegt mit jedem Schritt gleich das ganze Körpergewicht auf den Steinen und wenn die weg kippen kann es haarig werden.

Wer findet die Wegmarke?

Aber alles geht gut und in dem Moment, als ich den schlimmen Teil hinter mir habe reißt der Himmel auf, der Nebel verschwindet und die Sonne kommt durch. Unten im Tal sehe ich die Càihnàvàggihytta und pünktlich zur Mittagspause bin ich dort. Kurz vor der Hütte treffe ich noch zwei Frauen mit Hund aus München, die in der Hütte einen Pausentag eingelegt haben. Ein paar kurze Worte dann geht es weiter. Der Hund tut mir etwas leid wenn ich daran denke was den Dreien noch bevorsteht. Auch ein Schweizer läuft mir über den Weg und fragt wie schlimm das Steinfeld wirklich ist.

Die Hütte ist also leer als ich ankomme und nachdem ich die Schränke aller Gebäude nach Lebensmitteln durchsucht habe, mache ich mir erst einmal einen Kaffee und hänge mein Shirt und die Regensachen zum trocknen auf. Während der Pause wird es richtig sonnig und ich überlege spontan nun doch weiter zu laufen. Es ist erst halb zwei und das gute Wetter kann ich ausnutzen und mein Zelt irgendwo vor der nächsten Hütte aufschlagen. Also packe ich alles wieder ein, trete aus der Hütte und stolpere über einen Schweden, der sich mit Isomatte und Schlafsack auf die Holzterrasse gelegt hat. Ich frage, ob er nicht rein kommen will aber nein, er hätte alles was er braucht. Also schließe ich ab und mache mich auf den Weg in Richtung Cunojaurishytta.

Es geht flott voran, der Weg ist einfach und ich freue mich über die Entscheidung weiter zu laufen. Noch zwei weitere Wanderer begegnen mir: Joseph aus Tschechien und Thomas aus Karlsruhe. Beide sind schwer beeindruckt von meiner zurückgelegten Strecke und ein kleines bisschen stolz bin ich ehrlich gesagt jetzt auch.

An einer Brücke fülle ich meine Wasserflaschen und halte ab jetzt die Augen nach einem schönen Zeltplatz auf. Nach genau 21 km Tagesstrecke finde ich einen Platz auf einem hoch gelegenen Plateau genau gegenüber von einem Gletscher, dem Sealggajiekna. Schnell ist das Lager aufgeschlagen und ich ziehe nochmal mit meinem Topf los um Blaubeeren zu pflücken. Wobei losziehen nicht wörtlich gemeint ist, ich sitze sozusagen mitten im Blaubeerfeld. Mit meiner Ernte verfeinere ich mein Fertiggericht und morgen mein Müsli.

Grade bin ich am Essen, als noch ein Überraschungsbesuch ankommt. Mit einem fröhlichen „Hallo“ steht Daina neben meinem Zelt. Sie hat den Umweg durch das Narvikfjell in drei Tagen geschafft und mich nun wieder eingeholt. Schön, dass es heute doch noch ein wenig Gesellschaft gibt!

Fazit: obwohl ich ja zwei kurze Etappen einlegen wollte bin ich mit meiner Entscheidung heute weiter zu laufen sehr zufrieden und fühle mich wohl dabei. Lieber nutze ich das gute Wetter und mache einen Pausentag mehr wenn es regnet. Körperlich ist auch soweit alles ok, tatsächlich geht es mir mit zwei Stunden mehr Schlaf schon wesentlich besser.