27,33 km – 09:15 h

Wie gestern geplant will ich heute ja erst um 07:30 Uhr los, damit ich Staloluokta bin wenn der Kiosk aufmacht. Prompt schlafe ich bis Punkt sechs durch… auf meine innere Uhr ist jedenfalls verlass – es wäre schön, wenn der innere Kompass auch so gut funktionieren würde…

Der Morgenhimmel ist blau und die Sonne trocknet sogar das Kondenswasser bevor ich das Zelt abbaue. Wieder ein herrlicher Tag, ich würde sagen das ist NPL-Deluxe. Auf den gut markierten Wegen schaffe ich die sechs Kilometer in einer guten Stunde. Ich habe gedacht Staloluokta ist eine einzelne Hütte, aber stattdessen finde ich eine kleine Siedlung. Gleich hinter der Brücke beginnen Holzplanken und der Weg führt an zwei Helikopter-Landeplätzen vorbei. Der Parfas-Kiosk ist ausgeschildert und ich muss ein kurzes Stück einen Abhang hinauf. Als ich oben bin kommt der Kiosk-Mann schon aus seiner Hütte und macht auf.

Von dem ersten Eindruck bin ziemlich enttäuscht, aber als dann die Klappe am Tresen geöffnet wird läuft mir das Wasser im Mund zusammen. So unscheinbar die Bretterhütte von außen auch aussieht, das Sortiment lässt nichts zu wünschen übrig. Hier kann man sich tatsächlich komplett neu mit Proviant eindecken. Von Turmat über Müsli und Haferflocken, Fertiggerichten, Keksen, Riegel und Schokolade bis hin zu Linsen, Reis und sogar einigen Hygieneartikeln, ist alles da was ein Wanderer braucht. Gut, über die Preise brauchen wir nicht reden, aber immerhin kann man mit Karte zahlen. Da ich ja eigentlich ausreichend versorgt bin belasse ich es bei einer Dose Cola, Keksen und drei Snickers. Davon kann man nicht genug im Rucksack haben!

Gezeltet wird vor der Brücke, ein Wegweiser zeigt an wo genau.
30 Minuten statt drei Tage…🤔

Von hier aus könnte ich auch mit einem Helikopter nach Ritsem fliegen. Statt drei Tage zu laufen wäre ich in 30 Minuten dort! Gut, ich denke nicht ernsthaft darüber nach, aber irgendwie verlockend klingt das schon. Der Preis für den Shuttleservice liegt bei 1700 SEK, ich denke das sind so ca. 150 €.

Stàddajohka

Aber wer will schon fliegen wenn man bei dem Wetter, der Landschaft und den komfortablen Wanderwegen eine 25kg-Rucksack tragen darf? Es ist wieder richtiges Bilderbuchwandern angesagt. Wenn man die Wanderwege mit Autostraßen vergleicht, dann ist man in Norwegen eher off-road unterwegs, in Schweden dagegen auf gut ausgebauten Bundesstraßen. Nicht nur das die Trails alle gut erkennbar sind, es gibt auch gefühlt alle 10 Meter eine rote Markierung. Und Planken! Hier werden über jede Wasserlache und über jedes nasse Wiesenstück Stege aus Holzplanken gelegt. Auch über Flächen die vielleicht mal nass werden könnten. Also entweder die Schweden feiern den Wandertourismus wie kein anderes Land, oder sie hassen einfach nasse Füße.

mal eine etwas andere Wegmarke

Auf dem Padjelanta-/Nordkalottleden ist man auch keineswegs alleine unterwegs. Im Schnitt treffe ich alle 90 Minuten auf Wanderer die mir entgegenkommen. Habe ich in den vergangenen Wochen jede Gelegenheit für eine Unterhaltung genutzt wird hier auch schon mal „nur“ gegrüßt. Unterwegs lerne ich Tamir kennen, der aus Israel kommt, aber in Deutschland lebt und den ganzen Padjelantaleden läuft. Und Lise (?), eine 60-jährige Schwedin, die vor 48 Jahren schon einmal mit ihrem Mann hier war und jetzt mal wieder angeln will. Lise wundert sich über die vielen Berge, die hätte es damals noch nicht gegeben…!? Ein ebenfalls etwas älterer Herr kommt mir mit einem 120-Liter-Rucksack und einem Daypack vor der Brust in Gummistiefeln entgegen und will den E1 laufen… ich frage mich ernsthaft ob er mich verschaukeln will.

Ich laufe heute so lange ich möchte und habe mir keinen besonderen Zielpunkt gesetzt. Als ich um kurz nach 17:00 Uhr die Brücke bei Låddejåhkå erreiche, beschließe ich das es reicht. Da hier schon zwei Zelte stehen laufe ich noch etwas den Fluss entlang und baue mein Lager oberhalb eines Sees auf. Eine hervorragende Gelegenheit um mal wieder den Staub los zu werden und wieder ein schöner Campspot.

Fazit: die letzten Tage waren wirklich unglaublich schön. Natur die ich nicht in Worte fassen kann und wohl auch nicht richtig mit jemandem teilen kann. Heute ist auch der dritte Tag ohne Netzverbindung, ich hoffe nur, dass mein OK-Meldungen per Satellit alle richtig zugestellt werden.