22,25 km – 07:35 h

Ein grauer Regenmorgen

Nein, ich wache nicht in einem Swimmingpool auf, obwohl es doch recht heftig geregnet hat heute Nacht. Und jetzt sieht es auch nicht besser aus. Immer wieder schütteln starke Windböen das Zelt und es prasseln starke Schauer herunter. Nicht wirklich die besten Voraussetzungen um motiviert in den Tag zu starten. Aber mich treibt ja auch niemand. Also laufe ich mal ganz spontan nicht um 06:00 Uhr los, sondern warte ab, ob sich das Wetter noch beruhigt. Das tut es dann etwa zwei Stunden später. Zwar hört es nicht auf zu regnen, aber der Starkregen und die Böen haben nachgelassen. Einen regenfreien Moment nutze ich aus, um meine Sachen und das Zelt zu packen und mache mich auf den Weg.

die Hütten am Mosvatnet

Am nördlichen Ende des Mosvatnet komme ich an den drei kleinen Hütten vorbei, die gestern schon gesehen und für „Ruinen“ oder bestenfalls für Schäferhütten gehalten habe. Nun winkt mir aber aus dem Fenster ein junger Mann freundlich zu. Torge hat die letzte Nacht hier in dieser offenen und für alle zugänglichen Hütte übernachtet. Zwar sehr basic, aber immerhin ein Ofen, Holz und vier Schlafplätze. Hätte ich das gestern schon gewusst wäre ich den einen Kilometer auch noch gelaufen. Wir unterhalten uns ein paar Minuten – Torge wartet auf zwei Freunde mit denen er hier am Mosvatnet fischen will – dann zieht es mich weiter. Der Regen nimmt wieder zu und die Nordlandruta führt mich hinunter ins Tal zum Krutvatnet und damit auch wieder in sumpfigere Gebiete.

Wenigstens ist der Trail nach wie vor gut markiert, so dass ich bei dem Mistwetter nicht auch noch navigieren muss. Die ganz nassen Stellen sind mit Planken überbrückt, leider ist das nicht immer ein Vorteil. Das alte, moosbewachsene Holz ist oft sehr glatt und ich muss höllisch aufpassen wo ich hintrete. Trotzdem passiert es dann: ich rutsche aus und bei dem Versuch einen Sturz in den Sumpf zu vermeiden verdrehe ich mir das sowieso schon überanstrengte Kniegelenk. Nur gut, dass in ein paar Kilometern eine offene Hütte steht, dort kann ich ausgiebig rasten und meine nassen Sachen trocknen.

Als ich an der Krutvasshytta ankomme schaut mich Stefan aus dem Fenster an. Die beiden sind eine gute Stunde vor mir angekommen und nutzen ebenfalls die Gelegenheit sich aufzuwärmen. Und Inaki aus Madrid sitzt mit am Tisch. Er läuft NPL in Etappen und ist auf dem Weg ins Børgefjell. Wie immer bei solchen Gelegenheiten tauschen wir uns über die zu erwartenden Wegstrecken aus. Die Krutvasshytta ist eine Statskog-Hütte, aber unverschlossen und darf von jedem genutzt werden. Proviant gibt es natürlich keinen!

Als ich dann eine gute Stunde später die Hütte für mich alleine habe bin ich hin und her gerissen, ob ich nicht für heute Schluss machen und einfach hier bleiben soll. Ein guter Grund dafür wäre, dass ich meinem Knie etwas Ruhe gönnen kann. Drei gute Gründe dagegen sind: das Wetter ist besser und es regnet nicht mehr, ich erreiche Umbukta auf jedenfall am 06. August, eventuell schon eher, dort gibt es Essen (!) und eigentlich habe ich das Gefühl, dass die 13 km heute nicht ausreichen. Schließlich habe ich gestern ja auch schon um 14:00 Feierabend gemacht. Wie auch immer, ich mache mir auf jeden Fall noch einen Kaffee und warte bis meine Klamotten trocken sind, dann schaue ich weiter.

Um 15:00 Ihr fällt die Entscheidung dann doch für das Weiterlaufen. Ich möchte wenigstens bis zu dem See Fiskløyvatnet, das sind noch etwa sechs Kilometer. Dort hoffe ich auf einen Campspot am See und ein „erfrischendes“ Bad. Bevor ich starte tape ich das linke Kniegelenk, dann wird noch Holz geholt und ich mache mich auf den Weg. Und ob man nun daran glaubt oder nicht (und ich tue es eher nicht), mit dem getapten Gelenk läuft es sich super! Kein Stechen, kein Druck. Da jetzt auch noch die Sonne ab und zu durchkommt vergehen die paar Kilometer durch den matschigen Sumpf und über die Heidekrautflächen der westlichen Ausläufer des Storbukksfjellet und des Litlbukksfjellet wie im Fluge. Leider sind die grade trockenen Klamotten nach 15 Minuten wieder völlig durchgeschwitzt, umso mehr freue ich mich auf den See – hoffentlich hält sich das Wetter noch ein wenig.

Bad im See

Am nordöstlichen Zipfel des Fiskløysvatnet finde ich tatsächlich einen Platz direkt am Ufer des Sees mit einem schmalen Kiesstrand. Also schnell aufgebaut, alle Sachen ins Zelt und dann ab ins Wasser – und das ist genauso kalt wie man sich einen Bergsee im norwegischen Fjell vorstellt! Trotzdem halte ich durch und fühle mich hinterher herrlich frisch. Dann schnell trockene Sachen an und die Daunenjacke drüber, so wird mir schnell wieder warm. Ich mache einen Taschensturz um zu sehen, wie es um meine Vorräte bestellt ist. Ich habe zwar in der Hütte schon eine Mahlzeit gehabt, aber eine zweite geht schon noch. Anders sieht es mit etwas Süßem aus. Rare Mangelware… da muss ich bis Umbukta dann wohl ohne Snacks im Schlafsack auskommen.

Camping am Strand
fehlt nur noch das Lagerfeuer

Fazit: das mit der Motivation ist alleine so eine Sache. Ohne verabredete Zeit fällt es mir doch schwerer bei schlechtem Wetter zu starten. Anders wenn morgens die Sonne ins Zelt scheint, dann ist der Start, egal ob um fünf oder um acht überhaupt kein Problem.