20,56 km – 04:52 h

Was soll ich schreiben über eine 20 km lange Asphaltstrecke? Nach der gestrigen (ungewollten) Fast-Marathon-Distanz habe ich heute alle Zeit der Welt um die letzten 20 km bis nach Røyrvik zu laufen. Früh los muss ich also heute nicht, bin aber schon hellwach, weil ich gestern bereits um neun geschlafen habe. Bis um 06:00 Uhr drehe ich mich noch von einer Seite auf die andere, dann bereite ich das Frühstück vor… soll heißen ich kippe kaltes Wasser in den Becher mit Haferflocken. Meinen Morgenkaffee gibt es seit einigen Tagen als cold brew um möglichst Gas zu sparen. Funktioniert ganz gut, würde aber besser schmecken wenn es draußen Sonnenschein und 25 Grad statt Nieselregen und 7 Grad geben würde.

Ich lasse mir viel Zeit, um nicht zu früh am Hostel zu sein. Der Schnitt pro Stunde liegt etwa bei 4 – 5 km wenn ich auf der Straße laufe und vor 08:00 Uhr muss ich nicht aufbrechen.

Seit heute Nacht ist es kontinuierlich am regnen, also gibt es wieder ein wenig Einpack-Akrobatik um alles zu verstauen ohne das Aussenzelt abzubauen. Mittlerweile bekomme ich Routine darin. Um 08:30 Uhr bin ich dann bereit und schlage mich durch das Gebüsch wieder zur Straße. Dort mache ich mir ein Hörspiel an und lasse meinen Beinen einfach freien Lauf.

Schon nach den ersten Minuten merke ich, dass etwas nicht richtig läuft – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich habe sowohl gestern und auch heute das angeschmorte Paar Socken an (man erinnert sich: die Socken hingen zu nah am Ofen) und die harten, verschmorten Stellen liegen genau an den Druckpunkten beim Gehen. Ich hoffe, dass das keine Blassen oder aufgescheuerten Stellen gibt. Das andere Paar konnte ich unmöglich wieder anziehen. Nach sechs Tagen Laufen durch Moorwasser… um das zu verdeutlichen ein kleines Beispiel: Vor vielen Jahren habe ich auf dem GR20 auf Korsika einem Bergbauern einen Ziegenkäse abgekauft. Wenn man einen korsischen Ziegenkäse in das Deckelfach des Rucksacks packt, dort vergisst und ihn acht Tage bei 35 Grad durch die Gegend trägt dann ist der Geruch dem meiner Schuhe und Socken aktuell sehr ähnlich. Ich konnte mich also nicht überwinden diese nochmal anzuziehen und habe sie in drei Tüten verpackt und mit dem ☣️Biohazard-Warnzeichen versiegelt. Heute gibt es aber in der Gjestegård eine Waschmaschine! Und ich muss mich unbedingt um ein neues Paar Socken kümmern – hoffentlich finde ich in Røyrvik welche.

Auch meinem Knie hat die lange Asphaltstrecke gestern nicht gut getan und ich bin froh, das nun zwei ganze Pausentage vor mir liegen (Knie und Füße nicken grade zustimmend).

Trotz des gedrosselten Tempos bin ich um 13:30 Uhr am Ziel und werde herzlich von Hilde empfangen, die mir sofort (und ungefragt) den Trockenraum mit der Waschmaschine zeigt… Aber erst bin ich selber dran und genieße ein lange, ganz lange, heiße Dusche. Erst danach packe ich alle Textilien in die Wäsche. Obwohl das Kochwasch-Programm sicher notwendig wäre kann ich das ganze Merino-Zeug nur bei 40 Grad waschen – ich hoffe das reicht für die Socken!

Simone und Stefan erreichen das Ziel um halb drei, und zum Abendessen treffen wir uns im Restaurant. Ich bestelle Lachs mit Salzkartoffeln und frischen Salat – für ein Foto war ich leider zu langsam. Ein sehr leckeres Essen, leider ist der Teller leer, der Magen aber noch nicht voll. Also muss ein Dessert her und wir entscheiden uns für Pommes und Pizza. Danach kann ich dann Schlafen gehen, natürlich nicht ohne die restlichen Nüsse als Betthupferl…

Fazit: ich mache mir ein wenig Sorgen wegen des Knies und bin heilfroh über die Regenerations-Pause.