9,43 km – 03:10 km

Wie in einem fremden Universum. So jedenfalls kommt es mir vor! Nach einem schönen Morgen an unserem herrlichen Campspot am Bergsee nehmen wir die letzten 10 km bis zu unserem Treffpunkt mit Nina in Angriff. Es gibt noch einmal kräftige Steigungen, sumpfige Birkenwälder und felsige Fjells, dann einen langen und anstrengenden Abstieg ins Teveldalen. Dort treffen wir pünktlich um 10:30 Uhr auf Nina, die uns mit dem Bulli abholt und zu einem Campingplatz fährt. Geplant war ein Platz in der Nähe, dort haben aber unsere neuen Freunde, die Pferdebremsen, die Herrschaft übernommen. Daher hat Nina einen Platz am Trondheimfjord etwas östlich von Trondheim gewählt. Mit dem Auto eine Fahrt von gut einer Stunde, zu Fuß ein Marsch von vier Tagen. Es ist schon bemerkenswert, wie sehr sich das Zeit- und Entfernungsempfinden verändert, wenn man zu Fuß unterwegs ist.

Auf dem Storsand Gård Camping baue ich mein Zelt neben dem Bulli auf und verschaffe mir einen Überblick über meine aktuelle Proviantsituation während Nina Kaffee kocht und sich um das Mittagessen kümmert.

Frisch geduscht geht es dann Richtung Trondheim zum Einkaufen. Proviant habe ich noch ausreichend aus meinem letzten Paket, aber ich nutze die Gelegenheit um meine Wanderhose zu ersetzen, die anfängt auseinander und „herunter“ zu fallen. Ich habe ein wenig Angst vor dem Gewicht des Rucksacks, werde aber die Rationen aus dem Paket alle mitnehmen. Das heißt Verpflegung für ca. 12 Tage, ausreichend um bis Røyrvik zu kommen. Falls es zu schwer wird kann ich immer noch etwas bei den Hütten lassen. Für unser letztes gemeinsames Abendessen besorgen wir noch etwas Bier, Scampis, Steak und Lachs und alles, was man für einen großen Salat braucht.

Es tut gut zu wissen, dass man nicht ganz alleine unterwegs ist. Die letzten Tage mit Berndt haben mir deutlich gezeigt, wie gut es ist wenn man sich unterwegs austauschen und Entscheidungen gemeinsam treffen kann. Ob es nur um die Wahl des Lagerplatzes oder den Verlauf der weiteren Strecke geht, oder ob man einfach das Gefühl hat nicht alleine den ganzen Tag durch Regen und Sumpf zu laufen.

Die Autofahrten, der grosse Campingplatz, die großen Einkaufszentren… das alles überfordert mich tatsächlich ein wenig. Natürlich genieße ich den Komfort und Überfluss, aber ich empfinde den Tag als extrem anstrengend und so ganz weit weg von meiner eigentlichen Wanderung. Es ist eben wie ein Paralleluniversum in das ich zufällig hinein gebeamt worden bin. Ein kompletter Bruch in meiner Timeline. Es gibt keine roten Markierungen denen ich durch die Supermärkte folgen kann – und prompt nehmen wir zweimal den falschen Ausgang, bevor wir den richtigen Parkplatz mit dem Auto finden…

Ich bin sehr gespannt, wie es sich anfühlt morgen wieder alleine zu sein. Ob ich gefühlsmäßig wieder „ganz von vorne“ anfangen und das Alleinsein wieder neu „lernen“ muss? Die Strecke führt mich in den nächsten Tagen über Gaundalen nach Røyrvik und wird deutlich anspruchsvoller. Die letzte Etappe vor Gaundalen hat keine Wege oder Pfade mehr, hier heißt es das erste Mal frei navigieren. Ich habe Simone und Stefan kontaktiert, die ungefähr auf der gleichen Höhe und nur gute 10 km weiter westlich in Meråker sind. Da wir grob den gleichen Weg nehmen, können wir Teilstücke, insbesondere die weglosen, gemeinsam laufen. Möglicherweise treffen wir uns sogar schon Morgen hinter der Ferslia-Hütte.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich grade in so einem richtigen Motivationsloch stecke. Theoretisch wäre dies die letzte Gelegenheit ohne Probleme mit Nina und Berndt in Richtung Heimat zu fahren. Es ist nicht das Laufen oder die „Strapazen“ sondern einfach der Gedanke an die lange Zeit die ich noch unterwegs sein werde, noch ca. 100 Tage bis ich Pe wiedersehen werde…

Andererseits liegen schon über 1000 Kilometer und mehr als ein Drittel der Tour hinter mir und es warten noch so viele Erlebnisse und Begegnungen auf mich. Also kann die Entscheidung nur sein weiter zu machen. Ich werde mich schon wieder in den Trail einlaufen.

Fazit: es waren schöne sechs Tage zu zweit – vielen Dank für Deine Begleitung Berndt!