0,00 km (13,84) – 00:00 h (03:26)

So, heute ist also wieder ein Pausentag. Die gestern gestellte Frage, ob Ausruhen oder eine Extrawanderung angesagt ist, entscheidet sich eindeutig für die Wanderung. Andernfalls sehe ich die Gefahr, dass die mühsam aufgebaute Kondition in dieser „Zwangspausenwoche“ deutlich Schaden nimmt. Ich google beim Frühstücksmüsli noch einmal nach dem Elgpiggen und finde tatsächlich eine Route auf den Gipfel. Wie vertrauenswürdig die ist werde ich dann wohl herausfinden, erst einmal muss ich ein gutes Stück auf meiner gestrigen Strecke zurück laufen.

Als ich um 08:30 losgehe fühlt sich das ohne Rucksack so ungewohnt an, dass ich ständig darüber nachdenke, was ich vergessen habe… Die Deckeltasche dient mir nun als (ziemlich unbequeme) Hüfttasche und eingepackt habe ich nur zwei Riegel, Wasser und meine Windjacke. Laut Wetterprognose soll es am frühen Abend noch regnen, aktuell ist aber blauer Himmel und Sonnenschein angesagt. Ich folge also der neuen Route und komme ungewohnt flott voran. Auf dem Bauernhof, über den der Weg führt, kommt mir die Bäuerin entgegen und schaut etwas verblüfft. Da ich nicht sicher bin, wie „offiziell“ meine Route ist, spreche ich sie an und frage, ob ich tatsächlich auf dem richtigen Weg bin. Das bin ich wohl, aber sie versucht mir zu erklären, dass es einen deutlich kürzeren Weg auf den Elgpiggen gibt. Aus der Wegbeschreibung werde ich allerdings nicht schlau und verstehe nur soviel, dass ich zurück gehen und auf der anderen Seite des Berges aufsteigen kann. Na, klingt doch gut, dann nehme ich die Strecke auf dem Rückweg. Leider wird daraus nichts.

Ich weiß ja nicht, welcher Gebirgsjäger diese Route ins Netz gestellt hat, ich jedenfalls stehe nach knapp zwei Stunden im wahrsten Sinne des Worte vor dem „Abgrund“. Erst bin ich dem Weg von gestern gefolgt, dann ging es auf eine kaum sichtbaren Fahrspur in die „Wildnis“ und schließlich gab es überhaupt nichts mehr, dass ansatzweise als Pfad gelten könnte. Nun, das habe ich ja schon oft genug erlebt und so laufe ich eben off Road weiter. Schade nur, dass ich senkrecht den Felshang hochklettern muss, wenn ich von hier aus auf den Gipfel will. Ich orientiere mich also um und will die vorhin diskutierte Alternativroute ansteuern. Grundsätzlich kein Problem, wenn da nicht der Steilhang wäre und über den Fluss am Fuß des Berges komme ich von dieser Seite auch nicht. Um wieder einen Weg zu erreichen muss ich aber abwärts durch immer dichteres Busch- und Strauchwerk, über entwurzelte Bäume und ständig durch kleine Schluchten hoch und wieder runter.

Das klingt nun vielleicht dramatischer als die Situation tatsächlich ist, aber ich bekomme wirklich einen Anflug von Panik und muss mir bewusst machen, dass nichts passieren kann, so lange ich meine Position kenne – und dafür habe ich ja das Garmin mit. Also hinsetzen, Wasser trinken und etwas essen, dann in aller Ruhe schauen, wo genau ich mich befinde und wie das Höhenprofil aussieht. Letztendlich bleibt mir aber nichts anderes übrig, als zu versuchen den Weg zurück zu gehen. Um dem Dickicht zu entkommen klettere ich so lange wieder bergauf, bis ich oberhalb der Baumgrenze wieder freie Sicht und Luft bekomme, dann neu orientieren und auf möglichst grader Linie zurück in Richtung Wanderweg. Zu allem Überfluss zieht sich nun auch der Himmel mit dunklen Wolken zu. Da war die Wetterprognose wohl wieder zu optimistisch. Nach knapp 3,5 h bin ich wieder an der Ellefsplass-Hütte und habe das Gefühl, als wäre ich 40 und nicht 14 km gelaufen. Ich ziehe grade meine Schuhe vor der Haustür aus, als ein ordentlicher Regenschauer herunter kommt – da hat bei Petrus wohl jemand ein gutes Wort für mich eingelegt! Eine heisse Dusche (im eigenen Bad), ein heisser Kaffee und eine Rolle Bixit Schokokekse bringen meinen Gemütszustand schnell wieder auf die richtige Spur. Das waren dann heute mal echte Erfahrungswerte.

Den Rest des Tages kümmere ich mich um die nächsten Unterkünfte: das Vauldalen Fjellhotel möchte ich möglichst nur eine Nacht buchen, vorher komme ich aber an der Langen-Gjestegård vorbei. Dort frage ich eine Unterkunft an und morgen bin ich auf dem Jonasvollen-Campingplatz. Immer jeweils mit einer zusätzlichen Übernachtung. Wer weiß, vielleicht nutze ich die viele Zeit und fange im Femund nochmal ein paar Barsche oder Hechte. Kurz denke ich darüber nach doch noch den Bogen über Røros zu schlagen. Zeitlich würde das passen, aber ich habe keine Lust auf die Stadt und einkaufen brauche ich bis zur Ankunft des Wichelhaus-Supportteams auch nicht. Also bleibe ich bei meinem Plan den Femund hoch zu wandern.

Die Gaskartuschen-Beschaffung kann ich auch klären! Mein Supportteam bringt eine mit nach Vauldalen, in Limmingen habe ich Heide und in Umbukta Thor-Inge angeschrieben, in Sulitjelma, Innset und Olderfjord kann man welche kaufen. So habe ich alle 22-28 Tage frischen Nachschub, das sollte mit Sicherheit reichen. Notfalls wird das Müsli eben mit kaltem Wasser angesetzt.

Fazit: das war heute ein kleiner Vorgeschmack auf die weglosen Strecken durch das Børgefjell oder vielleicht sogar die Narbar-Ebene. Ich bin gespannt…