23,43 km – 07:47 h

Eigentlich ist für heute ja Sonnenschein angesagt, aber ich habe in der Nacht schon gemerkt, dass es merklich auffrischt und sich der Himmel zuzieht. Da mein Ziel heute der Gjelten Bru Camping ist, bin ich ganz entspannt. Notfalls miete ich mir dort eine Hütte. Hier in der Korsberghytta ist es recht kühl, aber den Ofen will für die zwei Stunden nicht mehr anfeuern. Lieber zwei große Tassen heißen Kaffee und mein „letzte Reste Müsli“. Leider ist der Proviantraum eher dürftig bestück, aber eine Schachtel Rosinen gibt es doch noch. Danach die Asche aus dem Ofen, einmal durchgefegt und los geht es wieder.

So euphorisch ich gestern war, so unmotiviert bin ich heute. Es weht ein scharfer Wind und es ist wirklich kalt! So kalt, dass ich kurz überlege die Handschuhe herauszuholen. Das mache ich dann nicht, aber ich ziehe mir die Regenklamotten über, denn jetzt fängt es auch noch an zu nieseln. Treu nach Silvio‘s Motto „wenn dir kalt ist bist du zu langsam“, ziehe ich mein Tempo an. Trotzdem bleibt es ungemütlich. Wenigstens der Weg ist gut zu erkennen, so muss ich mich nicht auf die Navigation konzentrieren.

Na ja, zumindest die ersten drei Stunden… Sobald ich den DNT-Weg verlasse und einem Trail auf dem Garmin folge fängt die Sucherei wieder an. Auch mein Navi kennt Fake-Wege, die vielleicht vor 30 Jahren mal jemand gelaufen ist. Das kostet wieder Zeit, Kraft und Nerven. Das Off-Road-Laufen in den Hochebenen geht soweit noch in Ordnung, aber sich in den Wäldern durch das Unterholz zu schlagen ist echt kein Spaß.

Endlich finde ich dann auf den richtigen Pfad zurück (auf den der Tugend 🤪) und aus dem schmalen Waldweg wird erst ein Schotterweg, dann eine Schotterstraße und schließlich eine Asphaltstrecke bis in die Stadt Alvdal. Mein Ziel liegt aber noch 4,5 km vor der Stadt. Der Gjelten Bru Camping ist ein kleiner Platz am Fluss und aufgrund der Bewertungen habe ich mir davon deutlich mehr versprochen. Die Rezeption ist erst heute Abend besetzt und so laufe ich einmal über das Gelände, kann aber so recht keine Stelle für mein Zelt finden – dabei ist Platz genug vorhanden. Immerhin gibt es einen Aufenthaltsraum (mit TV) und eine Küche, die allerdings sehr spärlich ausgestattet ist. Ich bin sehr unentschlossen, ringe mich aber letztendlich durch und beziehe eine der kleinen Hütten. Wenn ich hier zwei Tage bleiben will, dann wenigstens mit ein bisschen Komfort.

Die kleine Hütte hat zwar vier Schlafplätze, aber als ich meinen Rucksack ausgepackt habe ist sie eigentlich schon voll… keine Ahnung wie hier vier Personen rein passen sollen.

Nun, wo ich mich für die Hütte entschieden habe klart der Himmel natürlich auf und die Sonne kommt durch… na toll. Was mich grade am meisten ärgert ist, dass der Platz 4,5 km von der nächsten Einkaufsmöglichkeit entfernt ist und ich außer zwei Trekkinggerichten und einer Tüte Porridge nichts mehr im Rucksack habe. Busse fahren heute keine mehr – soweit ich das recherchieren konnte – und jetzt nochmal knapp 10 km nach Alvdal laufen…? Dann versuche ich es eben mit Trampen!

Wie gut, dass ich nochmal die Öffnungszeiten checke – der Sparmarkt hat noch genau 40 Minuten auf… das werde ich wohl nicht schaffen. Ich bin hin und her gerissen und werde mir nicht klar, was ich machen soll. Letztendlich lasse ich es dabei bewenden und nehme mir vor, morgen in Ruhe nach Alvdal zu laufen, dort in einem Café zu frühstücken und anschließend meine Einkäufe zu erledigen. Neben dem Spar-Markt soll es ein sehr gutes, kleines Café geben – eine Empfehlung von Apollon und Simone. Laut GoogleMaps kann das nur das „Huldra – håndverk, mat og kultur“ sein (also Kunsthandwerk, Essen und Kultur). Hört sich spannend an und Simone sagte es gibt dort die besten Kanelboller der Welt…! Das passt doch gut zu einem Frühstück! Für den Abend werde ich mir einen schönen Salat machen und mich mit Chips, Schokolade und Bier eindecken. Simone und Stefan werden den Platz auch morgen erreichen, da ist es bestimmt eine gute Idee zwei Bier mehr zu besorgen. Na ja, und heute muss ich dann eben mit meinen Resten klarkommen.

Um kurz nach 20:00 Uhr erscheint dann auch jemand an der Rezeption. Ich laufe hin, bezahle meine zwei Hüttennächte und frage nach der nächstmöglichen Einkaufsmöglichkeit. Wie ich ja schon weiß muss ich tatsächlich bis Alvdal. Vorher gibt es nichts. Als ich mich nach dem Bus erkundige und erkläre, dass ich zu Fuß unterwegs bin schüttelt der Herr Rezeptionist bedauernd den Kopf. Zu meiner großen Überraschung bietet er mir aber an. mich morgen früh um 09:00 Uhr in die Stadt zu fahren…! Das ist norwegische Hilfsbereitschaft. Ich freue mich riesig über das Angebot! So komme ich entspannt zum Supermarkt, kann dann in Ruhe frühstücken und „shoppen“ und wenn ich keine Lust mehr habe laufe ich gemütlich zurück. Das rettet mir definitiv den Tag.

Glücklich über das nette Angebot mache ich eine Runde über den Platz und quatsche ein Berliner Motorradpärchen an. Aus ein paar Worten wird dann ein langer Abend mit Xenia und Sascha. Wir erzählen von unseren Reisen, lachen viel und diskutieren über die To good to go – App. Zwischenzeitlich kommen auch Fred und Keuka(?) dazu, zwei Niederländer, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Ich bin mir sicher, dass ich den Namen falsch geschrieben habe, also bitte gerne kurz im Kommentar korrigieren!!! Wieder neue Begegnungen, die diese Reise bereichern und mir in Erinnerung bleiben werden!

Fazit: das Problem beim alleine Reisen ist nicht die Einsamkeit sondern eher die Langeweile wenn ich mein Tagessoll erreicht habe. Durch meinen Tagesrythmus bin ich in der Regel immer schon am frühen Nachmittag am Ziel und habe dann gute 8-9 Stunden Zeit. – Ich glaube das muss ich nochmal überdenken.