25,04 km – 06:43 h

Nachtrag: gerade als ich mir gestern meinen zweiten Tee heiß mache und ein paar Kerzen anzünde – draußen wird es bereits um 18:30 Uhr sehr dämmerig – klopft es an die Hüttentür. Mir ist zwar nicht ganz klar, wie auf diesen 4 m² zwei Leute übernachten sollen, aber natürlich öffne ich die Tür und lasse den späten Mitbewohner hinein. Und ich freue mich sogar ein wenig als ich erkenne, wer da vor mir steht. Es ist Hans Viktor. Ich räume meine, in der ganzen Hütte verteilten Sachen zusammen, um ein wenig Platz zu machen und überlasse Victor das obere Bett. Es dauert ein Moment, bis wir uns organisiert haben, dann funktioniert es aber ganz gut. Solange einer auf seinem Bett liegt, kann der andere sich in der Hütte „bewegen“.

Wie vorhergesagt, fängt es in der Nacht heftig an zu regnen und es trommelt ununterbrochen auf das Blechdach. Trotz des Regens kann ich gut einschlafen und freue mich sogar über den Lärm, denn Schnee würde keine Geräusche machen. Laut Prognose wird es die ganze Nacht und auch in den frühen Morgen hinein durchregnen. Erst zwischen 8:00 und 9:00 Uhr soll es etwas heller regnen. Also ein sehr entspannter Morgen, ich schlafe sogar wieder ein, nachdem ich mich dreimal umgedreht habe. Das Packen und die übliche Morgenroutine ist heute in der kleinen Baracke etwas anstrengend, aber um kurz nach acht brechen Viktor und ich gemeinsam auf. Es ist feucht und nebelig (scheddriges Wetter hätte meine Oma gesagt), aber es regnet nicht!

Mein Plan ist es heute bis vor den Eingang des Nordkaptunnels zu laufen. Um es vorweg zu nehmen: ich glaube, dies ist die schwierigste Tagesetappe meiner ganzen Tour gewesen. Da es die ganze Nacht durch geregnet hat, führen alle Bäche und Flüsse viel Wasser, die weiten Sumpfflächen mutieren zu Seen und ich habe das Gefühl, den ganzen Tag keinen festen Boden unter den Füßen zu haben. Da Schuhe und Socken bereits gestern schon vollständig durchnässt waren, ist es heute auch völlig egal, dass ich ohne Schulwechsel durch fast kniehohe Flüsse wate.

Nach etwa 8 km sehe ich zum ersten Mal seit fast viereinhalb Monaten wieder das Meer. Der Weg führt direkt auf den Kobefjord zu und einige Kilometer an seinem „Strand“ entlang. Sandstrand muss es ja nicht sein, aber wenigstens Kies wäre schön gewesen, aber auch hier ist alles sumpfig und matschig. Es geht hoch auf die Nordflanke des Skuohtagáisá. Auf einer Strecke von 2 km Länge müssen 300 Höhenmeter überwunden werden. Ich kann mich nicht an viele, ähnlich steile und dabei so lange Anstiege erinnern. Offensichtlich hat es einen guten Grund, dass man rund 130 Trainingstage absolviert hat, bevor man diese Stelle erreicht. An der Westflanke des Skuohtávzi geht es an immer steiler werdenden Hängen auf schmalen Pfaden weiter und nach einer Weile kann ich den Eingang des Nordkaptunnels sehen. Die mühsam erkletterten Höhenmeter muss ich also jetzt wieder hinunter. Den ganzen Weg kann ich mir bei Schnee nur schwer vorstellen. Selbst bei diesen nassen Witterungsbedingungen ist es unglaublich kräftezehrend.

Endlich unten angelangt, gibt es wunderbare Zeltplätze direkt am Fisketindelva. Dort schlagen Viktor und ich unsere Lager auf, dann nichts wie raus aus den nassen Schuhen und Klamotten und rein in den warmen Schlafsack. Viktor ist hier mit seinen Eltern verabredet, und als er wiederkommt, bringt er ein Stück Kuchen und eine kalte Cola mit. Eine unverhoffte und sehr willkommene Abwechslung auf meinem Speiseplan. Vielen, vielen Dank!

Fazit: ich habe es ja gerade beschrieben, der heutige Tag war mit einer der anstrengendsten der ganzen Tour. Vielleicht liegt es nur daran, dass ich nach so langer Zeit langsam am Ende meiner Kräfte bin, aber eigentlich glaube ich eher, dass es eine Kopfsache ist. Noch drei weitere Wandertage, dann ist Norge på langs zu Ende.