32,54 km – 09:36 h

Nach der entspannten, zweiten Hüttennacht bin ich früh dran, lasse mir aber viel Zeit mit dem Frühstück und dem Packen. Die Schuhe sind über Nacht tatsächlich komplett trocken geworden. Nach ein wenig Hausarbeit und pflichtgetreuer Einhaltung der Hüttenregeln geht es dann los. Die nächsten drei Stunden gibt es wieder Sumpf, Schnee und steile Hänge, aber im Vergleich zu gestern ist heute alles machbar. Die ersten Gewässer müssen überwunden werden und tatsächlich stehe ich einmal etwas ratlos vor einem kleinen Bach, der wegen der Schneeschmelze aber recht wild aussieht. Letztendlich heißt es Zähne zusammenbeißen und durchlaufen. Etwas später geht der Weg ein kleines Stück in einem Flussbett lang. Auch mal nett, ich komme mir vor wie eine Bergziege, die von Fels zu Fels springt.

Direkt danach stoße ich unvermittelt auf einen geschotterten Forstweg. Das Laufen ich gleich einfacher, man muss nicht ständig nach Wegmarken suchen und muss nicht konzentriert auf den Untergrund achtgeben. Schnell falle ich in meinen Trott und denke ein bisschen rum. Dabei verpasse ich einen Aufstieg auf den nächsten Trail. Kaum bemerkt, versuche ich nach Karte den Weg zu finden, irre aber nur eine halbe Stunde durch einen Hang voller gefällter Bäume. Mir ist etwas mulmig, da man auch hier kaum sieht wo man hintreten kann. Ich kämpfe mich also zurück auf den Weg und frage einen Forstarbeiter. Der lächelt freundlich und meint bei dem „Weg“ könne es sich nur um eine Traktorspur handeln, die vor Jahren mal für die Harvester durch den Wald getrieben wurde. Ich sehe keine andere Möglichkeit als der Schotterstrasse zu folgen und eine Umweg von fast 10 km in Kauf zu nehmen. Damit wird die entspannte Tagesettappe mal eben um 30% verlängert. Zur Belohnung werde ich mir an der Vindilhytta einen schönen Burger und eine kalte Cola gönnen.

Vorgestellt habe ich mir so eine Art Ausflugslokal, laut Information im Netz ist die Hütte nämlich bewirtschaftet. Also: Sonnenterrasse, kaltes Getränk und etwas essen – leider stehe ich nach 10 km und exakt 2 Stunden Laufzeit vor einer großen, verrammelten Herberge, die nur durch Gruppen gebucht werden kann. Die Enttäuschung ist groß, aber ich lege mich auf die Holzterrasse und Sonne gibt es ja auch. Dann muss eben Wasser, eine hand-voll Nüsse und ein Riegel ausreichen.

Ab 16:00 Ihr heißt es Augen aufhalten um einen vernünftigen Zeltplatz zu finden. Ich bin bereits an mehreren sehr schönen Spots vorbei gekommen, nur jetzt wo ich einen brauche gibt es nur steile Felswände und morastige Wiesen. Die Stimmung sinkt langsam gegen den Nullpunkt, ich bin müde, die Füße tun weh und Hunger habe ich auch. Da absolut nichts Annehmbares in Sicht kommt entscheide ich mich einfach durch zu laufen bis zu einer weiteren Hütte, der Hengeltjørnloftet. Ich muss dazu von der Straße wieder hoch in den „Berg“, bin dann aber auch gleich auf meinem Trail für morgen. Den sehr steilen Anstieg nehme ich in aller Ruhe und genieße das Gefühl gleich hinter der nächsten Biegung… also der übernächsten… bzw. der danach… egal – an der Hütte angekommen wartet erneut eine Enttäuschung. Auch hier alles verriegelt, der Hüttenschlüssel, den ich als Mitglied im norwegischen Wanderverband bekommen habe, passt mal überhaupt nicht zum Schloss. Neben der Tür hängt eine Art Schlüsselsafe aber ich habe keine Idee, wie ich an den Code komme. Ich versuche auch die Hütte übers Internet zu buchen, könnte ja sein, dass der Code dann per Mail kommt. Funktioniert leider auch nicht, weil kein Netz…

Neben dem Eingang ist ein offener Verschlag mit Werkzeug und Schrauben… da habe ich dann die Lösung!

Nein, kein Einbruch, ich baue mein Zelt einfach vor der Tür auf der Holzterrasse auf und anstatt der Heringe drehe ich Schrauben in das Holz 😬 Jetzt stehe ich regen- und windgeschützt. Es ist mittlerweile empfindlich kalt und so beeile ich mich mit dem Abendessen und einem heissen Tee.

Fazit: Auch das längste Stück Straße nimmt ein Ende, wenn man einen Fuß vor den anderen setzt.