13,76 km – 08:05 h – ?? Höhenmeter

Trotz der späten Stunde gestern liege ich um 04:00 Uhr früh wach im Kingsize-Hüttenbett! Ok, die Matratze ist sehr weich und etwas dünn, aber verglichen mit der Isomatte gehts so grade. Was mache ich also in den frühen Morgenstunden? – Genau, Routenplanung. Das Vorhaben heute sind knapp 26 Kilometer bis zu Vindilshytta und zwar, so sieht es draußen aus, bei schönstem Sonnenschein! Es ist einfach nicht zu glauben, dass man sich bei Sonne und 22 Grad Gedanken über Schnee macht.

Ich beginne den Tag mit einer Tasse heißem Kaffee und den restlichen Lømpe-Fladen – diesmal allerdings heiß aus der Pfanne mit Honig und Nugatcreme aus dem Hüttenvorrat. Sehr lecker und nicht zu vergleichen mit dem zugigen Regenfrühstück von gestern. Es fällt mir schon sehr schwer die gemütliche Hütte zu verlassen, aber es muss ja weiter gehen… Meine Mitbewohner regen sich auch und ich packe meine sieben Sachen zusammen, lasse mir aber Zeit und wechsle noch ein paar Worte mit Christian. Kathi startet heute vor mir und ich folge etwa eine 3/4 Stunde später. Die Tour fängt so an, wie sie gestern aufgehört hat – mit nassen Füßen. Es ist unglaublich, welche Wassermengen sich hier sammeln. Jeder Schritt fühlt sich an als würde man auf einem Schwamm laufen. Jedesmal sinke ich bis zu den Knöcheln im Moos-Moor-Sumpf-Morast ein. Anfangs wehrt sich meine GoreTex-Membran in den Schuhen tapfer, muss aber nach einer halben Stunde kapitulieren.

Das Problem ist einfach, das die ganzen, gut ausgeschilderten Trails zu Bächen und Wasserfällen mutieren. Das Wasser sucht sich eben auch den besten Weg nach unten.

Aber dabei bleibt es nicht. Der „Weg“ führt heute hoch auf 845 m. Das bedeutet mit Sicherheit, dass ich durch Schneefelder laufen muss, die auch nicht lange auf sich warten lassen.

Erstens gehören trockene Füße damit auf jeden Fall der Vergangenheit an, weil bei jedem Schritt Schnee von oben in die Schuhe dringt. Zweitens ist das Gehen unglaublich mühsam, rutschig und nicht ungefährlich, weil ich nicht sehen kann, ob sich unter der Schneedecke ein Loch, Felsen oder Astwerk verbirgt. Und drittens: die Navigation wird schwierig. So lange der Trail zu sehen ist, kann man gut verfolgen in welcher Richtung die nächste Wegmarke zu vermuten ist. Auf den Schneeflächen hat man keinen Anhaltspunkt, wo der Pfad überhaupt herführt.

Eins wird mir im Laufe des Vormittages klar: ich habe weder die Kraft noch die Lust mich jeden Tag auf‘s neue durch Sumpf, Wasserlachen und Schneefelder zu kämpfen. Ich spare mir meine Kräfte lieber für den Norden. Ich bewege mich grade nur auf einer Höhe von ca. 750 m, die Hardangervidda hat Höhenzüge über 1.300 m. Ich kann mir also gut vorstellen was mich dort erwarten würde. Als Eingewöhnung ist der Wechsel zwischen Trailkampf und Strassenlatschen vielleicht sogar ganz gut und ich komme ab Übermorgen wieder etwas schneller voran ohne das Gefühl zu haben am Ende des Tages kaum Strecke geschafft zu haben. Und: man bekommt vielleicht den einen oder anderen Kontakt zu den „Eingeborenen“. Mein Weg führt mich also nicht, wie geplant, zur Vindilshytta, sondern ich werde auf jeden Fall an der an der Grunnetjørnsbu den heutigen Tag beenden.

Grunnetjørnsbu

Dort angekommen versuche ich so schnell wie möglich die völlig durchnässten Wanderstiefel los zu werden und feuere den Ofen an, damit sie vielleicht bis morgen wieder etwas trocknen. Mit dem ganzen Wasser haben die Schuhe ihr Gewicht bestimmt fast verdoppelt. Dann geht es an den nahegelegenen Zulauf des Sees. Ein Bad im klaren Schmelzwasser ist sehr erfrischend und ein eiskaltes Vergnügen. Ich nutze auch gleich die Gelegenheit um die verschwitzen Klamotten zu waschen.

Nach einem leckeren Abendessen aus meinem selbstgemixten Vorrat (Kartoffeln, Möhren, Zwiebel, Tomaten und Linsen) schreibe ich die Blogs zu den letzten beiden Tagen und hoffe, dass ich im Tal auch wieder den notwendigen Empfang habe um euch auf dem Laufenden zu halten.

Fazit: wasserdichte Schuhe sind ein Mythos!