Last Frontier Alaska

Zwei Kanadier,Vier Freunde, 6 Wochen, 700 Kilometer

Trip Video

Eine kurze Zusammenfassung einiger Highlights (12 Minuten). Wer mehr sehen möchte:

 

 Beaver Creek Alaska

Ein Wildnis-Tagebuch

 

26.06.2017

Es wird ernst

Gestern gab es die letzte Planungsrunde mit Dietmar und Marlies. Abstimmen der Erste-Hilfe-Ausrüstung und zum letzten Mal die Lebensmittelliste durchgesehen. Später kamen Nina und Berndt dazu um sich zu verabschieden. Und wir haben die Kühlschränke leer geräumt und eine Restepfanne gegessen. Marlies selbst aufgesetzter Himbeerschnaps war dann Schuld an den heutigen Kopfschmerzen. Heute wird endgültig gepackt. Wir haben es tatsächlich geschafft alles in unseren beiden Reisesäcken und zwei Rucksäcken zu verstauen – und sogar das Gewicht passt: Pes Gepäck wiegt 17,40 kg und meins 20,80 kg.

Anschließen haben wir im ganzen Haus klar Schiff gemacht. Aufgeräumt, Rasen gemäht, im Garten alles zusammengestellt und das Carport aufgeräumt. Jetzt ist alles schön ordentlich. Abend sitzen wir zusammen im Köpenick und lassen es uns ein letztes Mal gut gehen, bevor es in die Wildnis geht. Wir sind beide ein wenig nervös, freuen uns aber auf das Abenteuer.

27.06.2017

Die aller letzten Vorbereitungen

Im Haus ist alles erledigt. Wir räumen noch ein wenig herum und saugen das letzte Mal durch. Kühlschrank leer räumen, Müll wegbringen und sauber machen. Um 16:00 Uhr kommen Carola und Hermann zum Abschiedskaffee und um die Hunde abzuholen. Es fällt uns ja doch ein wenig schwer die beiden weg zu lassen. Um 18:00 Uhr machen wir den Grill an. Sind grade fertig, da kommen Anni und Uwe um Tschüss zu sagen, kurz darauf nochmal die Wichi`s. Als ob wir planen niemals wieder zu kommen. Wir trinken ein paar Gläser Wein, dann ist der Spuk vorbei.

28.06.2017

Die Reise beginnt

Nervös versuchen wir irgendwie die Zeit tot zu schlagen bis wir von unserem Nachbarn um 12:00 Uhr alle zum Bahnhof nach Hildesheim gebracht werden. Dort angekommen versuchen wir am Automaten an unsere Rail&Fly-Tickets zu kommen. Klappt völlig reibungslos. Das Gepäck ist unhandlich, besondere die Taschen von Marlies und Dietmar sind schwer und sperrig. Abgesehen davon verläuft die Bahnfahrt ohne besondere Vorkommnisse. Sogar Sitzplätze in einem gemeinsamen Abteil lassen sich für uns finden. Es stellt sich heraus, das der ICE nicht bis zum Flughafen, sondern nur bis zum Hauptbahnhof fährt. Wir müssen deshalb noch mit der Regionalbahn aus Frankfurt raus nach Möhrenfeld-Walldorf, etwas außerhalb von Frankfurt, um zu unserem Hotel zu kommen. Per Taxi erreichen wir unsere Unterkunft gegen Abend. Der Fahrer gibt uns noch einen Restauranttipp – „zum Goldenen Apfel“ – dem wir nach einer Dusche dann auch folgen. Leisten uns dafür wieder ein Taxi. Wir essen gut und trinken Appelwoi. Den Rückweg gehen wir dann zu Fuß – ca. 5 km laut Routenplanung mit Dietmars Handy. Wir brauchen gut 90 Minuten und kommen so gegen 23:00 Uhr völlig kaputt im Hotel an.  Das Hotel ist eher einfach, nicht besonders sauber und wir würden es nicht weiterempfehlen. Einziger Vorteil: verhältnismäßig günstig und nahe beim Flughafen.

29.06.2017

Abflug

Nach einem erwartungsgemäß enttäuschenden Frühstück fahren wir mit dem Taxi gegen 11:00 Uhr zum Flughafen. Wir brauchen nur eine kurze Zeit um uns auf dem Frankfurter Flughafen zu orientieren. Trotz der Größe ist alles recht übersichtlich. Wir geben das Gepäck auf – das Gewicht passt immer noch, trotzdem sollen die Gepäckstücke als Sperrgut aufgegeben werden. Mehrkosten fallen aber nicht an. Nun vertreiben wir uns die Zeit auf dem Flughafen. Zu sehen gibt es genug und bei einem gemütlichen Kaffee bzw. Bier vergeht die Zeit bis zum Abflug, der allerdings schon eine Stunde Verspätung hat. Dank Dietmars Bauchgefühl bekommen wir sogar mit, dass sich der Abflugschalter geändert hat. Beim Boarding wird Pe am Schalter noch einmal zur Leibesvisitation rausgeholt – laut Condor-Personal eine reine Routine und Ergebnis eines Zufallsgenerators. Der Flug über neun Stunden nach Anchorage ist kein Vergnügen. Die Sitze sind sehr eng, kaum Platz für die Beine und das Handgepäck müssen wir über mehrere Klappen verteilen.

Nach der Landung in Anchorage müssen wir zu allem Ãœberfluss mit dem kompletten Gepäck erst aus- und dann wieder einchecken. Dank Trump`s neuen Sicherheitsbestimmungen. Beim erneuten Einchecken stehen wir am Ende der Schlange, werden aber durch das Flughafenpersonal nach vorne geholt, damit der Flieger sich nicht noch weiter verspätet. Als wir nach ca. 1,5 Stunden am selben Platz im selben Flieger sitzen müssen wir aber trotzdem noch fast drei Stunden warten. EDV-Problem bei der Gepäckaufgabe… Erst um 20:00 Uhr Ortszeit landen wir dann auf den kleinen Flughafen in Fairbanks. Unser Gepäck haben wir schnell beisammen und lernen am Band die beiden Schweizer Mario und Erwin kennen, die ebenfalls die Tour bei Peter Kamper starten.

Auf den müssen wir auch nicht lange warten. Peter holt uns wie erwartet mit Big Blue ab – natürlich mit gesprungener Windschutzscheibe. Die Fahrt mit sieben Leuten in der Fahrerkabine und dem Gepäck auf der Ladefläche dauert nur eine Viertelstunde. Zur Begrüßung gibt es erst einmal ein kaltes Bier auf der Terrasse und ein erstes Kennenlernen der Leute und der Boote. Kelly – Peters Frau und eine hervorragende Köchin – bewirtet uns mit selbst gegrillten Burgern. Nach weiteren Dosen Bier und Wein fallen wir um 23:30 nach fast 36 Stunden Reisezeit todmüde ins Bett.

Ein anstrengender Tag, aber alle Erwartungen erfüllt.

30.06.2017

Shopping-Day

Die erste Nacht war sehr unruhig. Ich habe nur in Etappen geschlafen und bin schon um 03.00 Uhr wieder wach – sicher die Wirkungen des Jetlags. Nach einem tollen Frühstück mit Lachs, Käse, Braten und Toast und ein paar Tassen heißem Kaffee müssen wir uns heute um unseren Proviant kümmern. Peter fährt uns zu Fred Meyers, einem riesigen Supermarkt am Rande von Fairbanks. Ohne Peters Ortskenntnisse hätte der Einkauf bestimmt mehrere Tage gedauert – so groß und unübersichtlich kommt uns der Markt vor. Auch so vergeht Stunde um Stunde und es kommen Zweifel auf, ob unsere sorgfältige Lebensmittelplanung überhaupt brauchbar ist. Und vor allem: Wie sollen wir diese riesigen Mengen  jemals im Boot verstauen. Die Gesamtsumme pro Team beläuft sich an der Kasse auf rund 770,00$. Eine stolze Summe, die sich in der Spirituosenabteilung noch um weitere 250,00$ erhöht und auch die Angellizenz für 145,00$ war in der Höhe so nicht geplant. Die Kreditkarte brennt… Die nächste Station ist dann Radio Fairbanks, dort holen wir das vorbestellt Satellitentelefon ab und lassen die nächsten 420,00$ abbuchen. Zu guter Letzt fahren wir noch zu einem Outdoor-Laden – ebenfalls riesig – und besorgen Angelzubehör und passenden Hüte.

Zurück bei Peter beginnt das große Packen. Alle Einkäufe werden geöffnet und wieder in verschließbaren, luftdichten Zip-Beuteln verpackt. Damit produzieren wir eine irre Menge Verpackungsmüll und reduzieren das Volumen der Lebensmittel so, dass wir tatsächlich alles in der großen Kühlbox von Peter unterbringen können.

Mittlerweile ist es 19:00 Uhr, aber noch kein Feierabend in Sicht. Peter zeigt uns sein eigens entwickeltes Packsystem – sehr ausgeklügelt und systematisch. Das Ergebnis: alle Sachen die eben noch verstreut herumlagen finden ihren Platz im Boot und sind kentersicher in einer großen blauen Plane verpackt. Der Tag endet mit einem gemeinsamen Abendessen und um 22:00 liegen wir in den Schlafsäcken.

01.07.2017

Der Weg ist das Ziel

Die Reise soll nun heute tatsächlich beginnen. Nach einer langen und unruhigen Nacht sind wir schon um 06:00 Uhr raus. Die letzten Sachen müssen noch verstaut werden, Schlafsäcke zusammenpacken, dann geht`s auf die Terrasse zum Frühstück. Anschließend noch die angekündigte Kartenbesprechung. Peter gibt Tipps zu guten Lager- und Angelplätzen und weist auf bekanntermaßen gefährliche Flussstellen hin. Die Unbekannten werden wir schon selber finden…

Das ganze dauert ca. zwei Stunden, dann sind wir vorbereitet.

Sämtliche Ausrüstung muss nun wieder aus den Booten raus und auf der Ladefläche von Big Blue verstaut werden. Die beiden Boote werden längs über Ladefläche und Fahrerkabine gelegt und mit Seilen verzurrt – „hält schon… hat immer gehalten“ – so Peters Kommentar.

Kelly bringt uns dann zur Einsatzstelle an den Nome Creek. Die Fahrt dauert zwei Stunden und geht über sehr abenteuerliche Schotterpisten. In der Nähe der Einsatzstelle gibt es den Ophir Creek Campground mit einigen Wohnmobilen, die uns aber nicht weiter stören.

Und noch einmal heißt es nun: Gepäck umladen. Runter vom Pickup und rein in die Boote. Wir schleppen alles ca. 300 Meter runter ans Ufer – ein echter Knochenjob, aber wir werden uns noch daran gewöhnen. Eine kurze Verabschiedung von Kelly, dann stehen wir mit 500 kg Gepäck, zwei Booten und einer diffusen Vorstellung von 700 Flusskilometern irgendwo in Alaska.

Auch ohne Peters Anleitung gelingt es uns die Boote wieder zu beladen. Noch weitere 25 Mal, dann sind wir Profis. Wir sind zwar darauf vorbereitet, dass wir auf dem Nome Creek wegen des niedrigen Wasserstandes ab und zu aussteigen müssen, aber dass wir die schweren Boote alle 200 Meter über eine Kiesbank schieben haben wir nicht erwartet. Eine echte Plackerei aber ansonsten funktioniert der Umgang mit den langen Booten sehr gut.

Durch die anstrengenden letzten Tage, den fehlenden Schlaf und die Zeitumstellung sind wir alle etwas erschöpft und die Stimmung ist gedrückt. Obwohl wir schon die ersten Highlights gesehen haben:

Nach zwei Elchen auf der Straße steht nun direkt am Fluss ein Karibu und lässt sich durch uns nicht stören. Die Sichtung ist so überraschend, dass wir nicht mal an die Kameras denken. Trotz unserer Erschöpfung wollen wir es bis zur ersten Lagerplatzempfehlung von Peter schaffen und erreichen diesen auch nach ungefähr vier Stunden Wandern so gegen 19:00 Uhr.

Gerade als Pe und ich anlanden wollen sehen wir, dass der Platz bereits belegt ist. Ein großer schwarzer Wolf steht mitten auf der Kiesinsel und schaut uns erstaunt entgegen bevor er sich in das Buschdickicht zurückzieht. Diesmal war sogar die Kamera griffbereit.

Wir bauen trotzdem das Lager auf und hoffen, dass der Wolf das Weite gesucht hat. Die handgroßen Spuren deuten jedenfalls darauf hin. Wir zählen auf die natürliche Scheu der Tiere.

Bei Lageraufbau fehlt uns noch das richtige System. Obwohl wir alle müde sind bringen wir noch zwei Steaks aufs Lagerfeuer – die zwar superlecker sind, was aber keiner mehr zu schätzen weiß. Etwas Wein, zwei Bier…. Es ist noch taghell und wir sind wieder malerstaunt, dass es schon Mitternacht ist. Marlies und Dietmar verschwinden im Zelt, ich bleibe mit Pe noch eine Weile am Ufer sitzen und genieße die Natur und die brüllende Stille. Es ist ein unglaubliches Gefühl und erst jetzt realisieren wir langsam, dass wir tatsächlich in der Wildnis Alaskas sitzen, 700 km von Allem entfernt. Und das bei hellem Tageslicht nachts um eins. Wir schaffen es grade noch die Schlafsäcke auszupacken, dann schlafen wir auch schon.

02.07.2017

Eingewöhnungsphase

Ich wache um drei, dann nochmal um fünf Uhr auf. Gestern haben wir beschlossen heute noch nicht weiter zu fahren und uns erst etwas zu akklimatisieren. Sind alle noch ganz schön fertig und auch ich bleibe noch bis acht Uh liegen, dann stehe ich auf um den ersten Kaffee zu kochen. Dass bedeutet allerdings erst einmal das Feuer in Gang zu bringen. Auch da fehlt noch die Routine. Um zehn trinke den ersten Lagerfeuer-Kaffee. Gegen 11:30 Uhr taucht der Rest der Mannschaft auf. Es gibt ein kaltes Frühstück, alle hängen noch ein wenig durch. Dietmar und ich schaffen grade noch ein wenig Feuerholz herbei, dann zieht ein heftiges Gewitter auf. Gut das heute ein Pausentag angesagt ist. Wir verkriechen uns in unsere Zelte und warten darauf, dass der Regen nachlässt. Drei Stunde später wird es wieder heller und das Gewitter zieht ab. Die anderen sind wieder am Schlafen, ich optimiere die Feuerstelle und kümmere mich um etwas Holz. Heute sind wir mit dem Essen etwas früher dran und obwohl schon das nächste Gewitter herauf zieht werden die vier Monster-T-Bone-Steaks rechtzeitig vor dem Schauer fertig. Mit Gurke- und Tomatensalat ein sehr leckeres Abendessen. Marlies und Dietmar leiden noch immer am Jetlag und auch Pe ist immer noch müde. So verschwinden wir um 20:00 Uhr ins Bett. Etwas Schade eigentlich, aber wir haben ja schließlich Urlaub und sind nicht auf der Flucht. Ich hoffe Morgen sind dann alle so fit, das es weitergehen kann – wenn das Wetter es zulässt. Sonst spricht auch nichts dagegen einen weiteren Tag zu bleiben…

03.07.2017

Erste Stürme

Da wir gestern so früh im Bett waren, halte ich es um 05:00 nicht mehr im Schlafsack aus. Also kümmere ich mich wie gehabt erstmal um das Feuer und um eine Kanne Kaffee. Dann nehme ich mir die Elektronik vor und bringe die Actioncam in Gang. So gegen 07:00 tauchen auch die anderen auf und wir frühstücken gemeinsam in Ruhe. Das Wetter ist trocken und sogar ein wenig sonnig. Also wird heute wieder gepaddelt. Ziel ist die zweite Camp-Empfehlung von Peter. Der komplette Lagerabbau einschließlich Packen der Boote dauert 2 ¾ Stunden. Eigentlich weniger als ich vermutet habe. Um 12:00 starten wir unsere Paddeletappe und bei immer sonnigerem Wetter genießen wir die fantastischen Landschaften. Das Ein- und Aussteigen hält sich in Grenzen und so ist es eine herrliche Tour. Gegen Mittag ziehen dann Gewitter auf. In allerletzter Sekunde legen wir an und improvisieren aus Plane und Paddel einen kleinen Unterschlupf. Wir nehmen das kleine Abenteuer mit Humor und halten die Laune mit Tee und Rum hoch. Wir liegen alle unter dem Tarp und nutzen die Zeit für ein Schläfchen, während der Regen auf die Plane trommelt. Erst am Nachmittag um drei beruhigt sich das Wetter und wir können wieder weiter. Während wir gemächlich den Fluss hinter paddeln sehen wir zum ersten Mal einen Weißkopfadler. Majestätische und beeindruckende Vögel! Den Lagerplatz finden wir dank GPS schnell. Da es mittlerweile wieder regnet stellen wir in Windeseile ein Tarp und die Zelte auf. Selbst das Lagerfeuer brennt nach einer halben Stunde und wieder gibt es Riesensteak – diesmal allerdings zum letzten Mal. Es ist taghell und die Sonne kommt nochmal raus, trotzdem sind alle so geschafft, dass um 23:00 Uhr der Letzte im Bett liegt.

04.07.2017

Independence-Day

Der Tag startet mit dem Nebel des Grauens. Es ist nasskalt und eine dicke Nebelsuppe liegt über dem Fluss. Wie in den letzten Tagen fange ich mit Lagerfeuer und Kaffee an. Zum Frühstück gibt es heute gebratenen Speck mit Zwiebeln, Pilzen und Rührei. Ein sehr leckerer Tagebeginn, zumal sich der Nebel gelichtet hat und die die Sonne mit aller Kraft tut was sie kann. Wir planen das weitere Vorgehen: in zehn Tagen und 150 km sollen wir am Victoria Creek sein, also brechen wir heute noch auf. Das Packen läuft schon deutlich besser. Nach 1,5 Stunden sind wir reisefertig und stechen um 13:00 Uhr in See.

Die Sonne tut ihr Bestes damit es ein schöner Paddeltag wird. Neben einer grandiosen Naturkulisse gab es heute eine Menge Highlights. Auf der Tour haben wir die Borealis Le Fevre-Cabin gefunden, mehrere Weißkopfseeadler haben uns beobachtet und der Fluss war ausgesprochen anspruchsvoll. Trotz des niedrigen Wasserstandes haben wir eine schnelle Strömung und das Flusslesen und Ausweichen vor den Hindernissen hat uns ganz schön was abverlangt. Bei treideln der Boote über eine Sandbank ist Dietmar ausgerutscht, wurde von der Strömung mitgerissen und hat das erste Mal Bekanntschaft mit dem Flusswasser gemacht.

Den perfekten Blick auf die White Mountains kann man weder beschreiben noch fotografieren. Mit den Bergen im Rücken schlagen wir am Ufer, gleich hinter einer Flussbiegung an einem weiten Kiesstrand unser bisher schönstes Lager auf.

Gekocht wird heute von Marlies und Pe. Es gibt Kartoffelbrei mit Zwiebeln – sehr lecker – mi den Bratwürstchen aus dem Supermarkt – nicht so lecker. Es wird wieder 23:00 Uhr bevor wir mit dem Essen fertig sind. Wir sitzen eine ganze Weile mit dem Rücken zum Fluss und genießen die überwältigende Aussicht auf den Sonnenuntergang und die grade noch beschienenen Spitzen der White Mountains während über uns ein Seeadler kreist und schreit.

05.07.2017

Sunny Chillout

Habe heute „verschlafen“ und bin erst um 07:00 Uhr aufgestanden. Feuer und Kaffee, dann habe ich den ersten Versuch gestartet ein Brot zu backen. Der Teig sieht klasse aus und geht auch super auf. Das Ergebnis nach 60 Minuten im Dutch Oven sieht leider eher nach Alaska-Schwarzbrot aus. Schade. Wenigstens das Innere kann man essen – der Rest schwimmt den Beaver Creek hinunter.

Nach einem leckeren Müsli-Frühstück mit frischem Obst starten Marlies und Pe einen Waschtag und Dietmar kümmert sich um frisches Trinkwasser. Das Filtern scheint ein neues Hobby zu werden. Ich mache eine Erkundungstour in die nähere Umgebung und versuche den Berg hinauf zu kommen. Am Fuß des Berges entdecke ich eine Menge kleiner Teiche – ein ehemaliger Seitenarm, der durch Biberdämme aufgestaut wurde. Über die Dämme kann man laufen und so erreiche ich den Fuß des Berges. Der Aufstieg ist relativ schwierig, da der Untergrund nur aus mehr oder weniger losem Geröll besteht. Immerhin schaffe ich es so weit hoch, dass ich einen tollen Überblick über unser Lager und ein tolles Panorama habe. Nach einem vorsichtigen Abstieg schlage ich  mich durch das mückenverseuchte Unterholz und finde auch die Biberburg inmitten eines großen Teiches. Nach meiner Rückkehr machen Dietmar und ich die Angeln klar, dann ziehe ich schon mal los um mein Anglerglück zu versuchen während Dietmar sich noch einmal in den Schlafsack verzieht. Das Angeln in der Mittagshitze ist recht anstrengend, aber von Erfolg gekrönt. Nach knapp einer halben Stunde der erste Biss. Eine schöne Äsche – die erste von insgesamt acht Stück. Dietmar, der später dazu stößt hat leider kein Glück, aber wir haben auch ausreichend. Mit Knoblauch, Butter, Zitrone und Rosmarin wird das ein leckeres Abendessen. Die Frauen haben sich derweil um eine tolle Gemüsebeilage gekümmert. Da unser Baguette zur Neige geht backt Dietmar für morgen früh noch eine Ladung Bannock.

Gegen Abend laufen wir noch einmal zu viert zu den Biberteichen nachdem wir uns um den Müll gekümmert haben. Diese Müllverbrennung ist immer noch unangenehm, aber Regeln sind Regeln.

Um 24:00 Uhr liegen wir heute in den Schlafsäcken und wollen morgen weiterziehen.

06.07.2017

Goodmorning Sunshine

Wach um 05:00, aufstehen um 06:30 – bei strahlend blauem Himmel!! Es wird ein heißer Tag und wir haben viel vor. Die ganze Reisegruppe ist tatsächlich um halb acht am Start. Das Frühstück besteht aus den Resten von gestern: Kartoffelgemüse mit Omelette und Bannock von Dietmar.

Dann beginnt wieder die Packorgie. Wir werden immer schneller und sind um 10:45 auf dem Wasser. Eine herrliche Tour mit Adlern, Bibern und den grandiosen Landschaften der White Mountains. Die von Peter angekündigte Wandertour lassen wir aus, weil keiner weiß wo und wie wir den Einstieg finden sollen, außerdem ist es wirklich viel zu heiß.

Also geht es nach einem Picknick weiter. Wir sind alle ausgesprochen unentschlossen was die Wahl eines Lagerplatzes angeht und laufen mehrfach Kiesbänke an. Mal stimmt die Aussicht nicht, mal ist der Platz zu eng oder zu nah am Waldrand. Der von Peter empfohlene Platz ist noch zu weit weg, also schlagen wir unser Camp schließlich bei Flusskilometer 90 auf. Der Ausblick auf die White Mountains ist klasse, die Größe stimmt auch. Allerdings findet Dietmar, kaum dass wir ausgestiegen sind, die ersten echten Bärenspuren. Wir gehen das „Risiko“ ein und bauen trotzdem auf. Mein kleines Tarp kommt zum Einsatz und ist, wie die Zelte auch, schnell aufgebaut. So allmählich macht sich eine gewisse Routine bemerkbar. Nachdem alles steht, springen wir alle erst einmal in den Fluss. Bei ca. 30 Grad tut die Abkühlung gut.

Während wir Wasser filtern, kochen die Frauen Spaghetti mit Tomatensoße. Schnell, einfach, lecker. Wir sind uns alle ein wenig unsicher, wie viel Zeit wir lassen können. Laut Peter sollen wir uns im Oberlauf 14 Tage Zeitlassen bis wir den Victoria Creek erreichen. Das wären jetzt noch ca. 90 Kilometer und sechs Tage Zeit. Klingt nicht so dramatisch. Aber schaffen wir dann die restlichen 460 Kilometer in 13 Tagen? Das klingt schon etwas anders. Auf welchen Annahmen beruht die Zeitschätzung von Peter? Junge Männer die jeden Tag mühelos 60 km schaffen, bei hohem Wasserstand? Vielleicht machen wir uns aber auch einfach zu viele Gedanken.

Ich „schenke! Pe heute Abend ein echtes, romantische Lagerfeuer und wir sitzen noch bis 24:00 Uhr zusammen, schreiben Tagebuch und genießen den Ausblick auf die White Mountains. Morgen wollen wir in aller Ruhe aufbrechen und dafür bis in die späten Abendstunden paddeln. Vielleicht sehen wir dann etwas von der alaskanischen Tierwelt.

07.07.2017

Late Night Show

Wieder beginnt der Tag um sechs Uhr früh mit strahlend blauem Himmel. Die Sonne scheint ungebremst auf den Lagerplatz und selbst unter dem Tarp gibt es kaum Schatten. Selbst um diese Uhrzeit kann man sich kaum bewegen ohne ins Schwitzen zu geraten. Das Feuer ist schnell entfacht und der Kaffee aufgesetzt. Die absolute Ruhe in den frühen Morgenstunden ist herrlich. Ich bin gespannt wie weit wir heute kommen und freue mich auf die Tour. Nach und nach kommt der Rest der Mannschaft aus den Schlafsäcken. Ein schönes Frühstück, ein erfrischendes Bad und wir genießen die Zeit und das schöne Wetter. Wir erledigen die kleinen Arbeiten wie Bannock backen, Wasser filtern und Gemüse schneiden werden nach und nach erledigt. Es gibt ein leckeres Mittagessen und anschließend räumen wir langsam das Lager – sehr mühsam bei Temperaturn von 40,6 Grad! Gegen 15:30 sind wir abfahrbereit, da sich der Himmel aber zuzieht und es nach Gewitter aussieht, warten wir noch ein wenig, um zu sehen, wie sich das Wetter entwickelt. Eine gute Entscheidung! Punkt 16:00 Uhr fängt es an in Strömen zu regnen. Schnell decken wir die Boote ab und retten uns unter das Tarp. Um zu verhindern, dass es von der Seite rein regnet, nehmen wir die Stangen raus und liegen wie Sardinen in der Dose unter der Plane und versuchen diese mit Händen und Füßen daran zu hindern davon zu fliegen. Der Regen entwickelt sich zu einem ausgewachsenen Gewitter mit Blitz und Hagel. Erst gegen 17:30 beruhigt sich die Lage und wir sind eine halbe Stunde später auf dem Wasser. Trotz grauem Himmel und einzelner Schauer wird es eine tolle Tour mit vielen Eindrücken. Hinter jeder Flussbiegung treffen wir auf Biber und Pe entdeckt ihren ersten Elch in einem kleinen Seitenarm. An einer schwierigen Stelle nimmt das Boot von Marlies und Dietmar Wasser über und wir laufen um 22:00 Uhr eine Kiesbank an. Nachdem das Boot trocken gelegt ist wechseln wir nur noch an die andere Uferseite und bauen das Lager wieder auf. Diesmal in einer Light-Version ohne Tarp. Abendessen gibt es an den Booten nach einer erfolgreichen Tour gehen wir um 00:30 Uhr bei hellem Tageslicht ins Bett.

08.07.2017

Der frühe Vogel

Heute wird um 07:00 Uhr zum Apell geblasen. Gestern sind wir in den Abend hinein gepaddelt, heute wollen wir früh aufbrechen um vor der Mittagshitze ein paar Kilometer hinter uns zu bringen. Aus „früh“ wurde dann doch erst 10:00 Uhr, aber wir haben sehr nett „in den Booten“ gefrühstückt, mit Bannock und verschiedenem Aufschnitt. Dann schnell die Zelte zusammengeworfen und ab ging es auf den Fluss. Wieder eine anspruchsvolle Strecke mit vielen Untiefen und Stromschnellen. Das erste Highlight sind heute drei Dallschafe, die Pe am Felshang entdeckt hat. Ware Kletterartisten. Keinen halbe Stunde später begegnet uns die Wildnis pur: wieder ist es Pe, die am linken Ufer eine Schwarzbärenmutter mit zwei Jungtieren entdeckt! Sogar die Fotokameras sind bereit. Etwas unsicher überlegen wir, wir uns nun verhalten sollen. Einfach weiterfahren scheint zu gefährlich, also müssen wir wohl rechts anlegen und darauf warten, dass die Bärenfamilie sich entscheidet das Ufer zu verlassen. Das machen sie dann auch und klettern alle drei gemächlich den Steilhang hinauf.

Die Sonne brennt den ganzen Tag vom Himmel. Wieder 30 Grad und selbst das frühe Aufbrechen hat uns nichts gebracht. Gegen Mittag rasten wir an einer Stelle, an der es laut Peter viele Fische geben soll. Auf einer Kiesbank nahe einem glasklaren Einlauf eines Nebenflusses wird ein Picknick gemacht und Dietmar und ich werfen die Angeln aus. Nach wenigen Minuten fangen die Äschen an zu beißen. Fünf etwas größere Exemplare werden direkt im Fluss ausgenommen und für das Abendessen eingepackt. Ein paar hundert Meter weiter machen wir erneut Halt.

Ein kleiner Fluss schießt wasserfallartig in den Beaver Creek. Das ist der von Peter angekündigte Wasserfall und wir steigen aus um den ebenfalls angekündigten Pool zu suchen. Wir schlagen uns durch das mückenverseuchte Unterholz und klettern im Bachlauf nach oben. Den Pool finden wir nicht, aber auf dem Rückweg rutsche ich am Ufer ab und stehe plötzlich bis zur Brust in einem Loch mit eiskaltem Gletscherwasser. Die Watstiefel laufen blitzschnell voll und ich habe Mühe mich mit den schweren Stiefel aus dem Wasser zu befreien. Pe steht derweil am Ufer und biegt sich vor Lachen während mir die Luft wegbleibt. Schön dass es so heiß ist. Ein paar Kilometer und ein paar Stromschnellen weiter finden wir unser heutiges Nachtlager auf einer bewachsenen Sandbank. Nicht der schönste Platz aber wir sind ja schon lange unterwegs. Bevor wir aufbauen gehen Pe und ich erst einmal ins Wasser. Marlies und Dietmar schließen sich nach einigem Zögern an. Anschließend bauen wir das Tarp wieder auf und entfachen das Kochfeuer. Auf dem Speiseplan stehen die gefangenen Fische und eine große Pfanne mit Bratkartoffeln. Die üblichen Aufräumarbeiten, dann neigt sich der Tag dem Ende zu. Nicht so das Tageslicht – es ist 23:00 Uhr und ich sitze mit Marlies und Dietmar noch eine Weile am Lagerfeuer während Pe sich schon in den Schlafsack verkriecht.

09.07.2017

Stop and go

Heute ist wieder eine Abendtour angesagt, also wird ausgeschlafen, lange gefrühstückt und rumgekramt. Wir reparieren unsere Coolbox und versuchen die ausgerissenen Schrauben mit Heißkleber zu befestigen. Bei der Gelegenheit räumen wird das Boot komplett aus und kontrollieren den Kiel auf kleine Steine, wie von Peter angeordnet, um zu vermeiden dass diese Löcher in den Boden reiben. Nach einem zweiten und dritten Kaffee hat Pe sich im Zelt ausgeruht und fängt langsam an zu packen. Ich backe während dessen Brötchen im Dutch Oven. Marlies kocht Essen – Reis mit Scheiß – und Dietmar gießt seine umgetopften Pflanzen, die er gestern vor dem Zeltaufbau gerettet hat. Bei Einpacken der Isomatte schläft er dann erstmal wieder ein.

Nach dem leckeren Essen sind wir um 16:30 abfahrbereit. In der Zwischenzeit sind merkwürdige Wolken hochgezogen. Wir haben erst an einen Waldbrand gedacht, weil es auch verbrannt gerochen hat. Da wir aber nichts weiter entdecken können paddeln wir los (nach unserer Rückkehr bestätigt Peter, dass es tatsächlich zu der Zeit am Yukon gebrannt hat und der Rauch über mehrere hundert Kilometer über das Land getragen werden kann). Es zieht weiter zu und ein paar Minuten später rollt der Donner. Nach einer halben Stunde ist das Gewitter über uns und wir suchen Schutz unter unserer Plane. Diesmal sogar recht komfortabel. Um 18:30 können wir, begleitet von kleinen Schauern, dann weiter. Schon nach einer guten Stunde bauen wir das Lager in einer Light-Version wieder auf. Tagesstrecke: knapp 10 Kilometer! Wir essen gemütlich an den Booten zu Abend, das Tarp wird nicht aufgebaut – haben ja grade erst eingepackt. Morgen wollen wir früh los und den Victoria Creek erreichen. Das ist noch eine Strecke von 25 km, sollte also machbar sein. Wir sitzen noch eine Weile an den Booten, dann wird es langsam recht frisch. Außerdem ist der Platz etwas ungemütlich. Wir verabreden uns für morgen um 07:30 zum Aufstehen und zu einem schnellen Frühstück.

10.07.2017

Singing in the Rain

Ich wache in der Nacht zweimal auf, jedes Mal hat es geregnet. Die Befürchtungen bestätigen sich, als es von 05:00 bis um 08:00 immer noch regnet. Der Himmel ist gleichmäßig grau und kein Sonnenstrahl lässt sich blicken. Von Zelt zu Zelt überlegen wir rufend, was nun zu tun ist. Der stetige Regen lässt nicht nach aber der Platz ist zu ungemütlich um zu bleiben. Also wird entschieden, dass wir im Regen schnell einpacken und ohne Frühstück erst einmal losfahren. Ein ungemütlicher Plan, den wir aber mangels Alternativen in die Tat umsetzen. Um 09:30 sind wir auf dem Wasser und beginnen die heutige Etappe in strömendem Regen. Mal was Neues. Es ist ausgesprochen kalt und unangenehm – nicht vorstellbar, dass es ein paar Stunden zuvor noch 40 Grad warm war. Die Laune ist schlecht – Wetter und Stimmung sind grau.

Unser erster Zwischenstopp ist die Hütte von Trapper Archie. Dank Pe`s Adleraugen finden wir den Platz anhand einer dünnen Funkantenne, die aus den Bäumen ragt. Der Pfad ist völlig zu gewuchert und lässt sich nur entdecken, wenn man weiß, dass er da ist. Archie scheint jedenfalls schon sehr lange nicht mehr da gewesen zu sein. Der Platz selber sieht genau aus wie auf den You Tube-Videos. Unglaublich verwahrlost und vermüllt – so sieht es für uns jedenfalls aus. Archi wird wohl sagen „praktisch und alles so wie man es braucht“.

Jedenfalls ein sehr skurriler Ort. Bevor wir von den Mücken aufgefressen werden fahren wir weiter in Richtung Victoria Creek. Das Wetter bleibt nass und grau und wir frieren in den Booten. Schneller als gedacht erreichen wir den Einlauf des Victoria Creeks. Der von Peter vorgeschlagene Lagerplatz sieht eher ungemütlich aus. Am Ufer gegenüber finden wir die Cabin, die jedem Reisenden zur Verfügung steht. Eine kleine und dunkle Blockhütte, immerhin mit einem Ofen und Brennholz. Ich fühle mich hier nicht sehr wohl, beuge mich aber dem Willen der Mehrheit. Wir schleppen alles, was wir für eine Nacht benötigen die 300 Meter vom Fluss zu Hütte. Dann wird der Ofen eingeheizt und wir schlüpfen aus den nassen Klamotten, die wir alle über die Leinen am Ofen hängen. Anschließend wir gefrühstückt – um 14:30 Uhr! Danach ist es schon ein wenig gemütlicher, heißer Kakao mit Rum tut das Übrige dazu. Ich nehme es als neues Abenteuer und finde mich damit ab die Nacht hier in der Hütte zu verbringen. Zu viert ein wenig eng, aber es wird schon gehen. Nach dem Essen legen sich Pe und Dietmar auf die Pritschen, Marlies liest und ich schreibe. Danach gehe ich raus und sorge für mehr Brennholz. Ehrensache, dass für nachfolgende Trapper der Holzvorrat wieder aufgefüllt wird. Das mit dem Holzmachen ist alleine eine eher umständliche Angelegenheit, also vertreibe ich mir die Zeit damit einen Urlaubs-Andenken-Stock zu suchen und etwas zu schnitzen. Nach zwei Stunden tauchen Fischi`s aus ihrer Tiefschlafphase auf und zu dritt zerlegen wir ein paar Holzstämme zu Brennholz. Unsere Hand-Kettensäge macht sich dabei ein weiteres Mal bezahlt. Ich frage mich, was die anderen Teams machen wenn keine Säge mit an Bord ist. Der Ofen in der Hütte wird leider nicht so heiß, dass wir darauf kochen können, also macht Dietmar mangels Feuerstelle zum ersten Mal seinen Trangia-Kocher klar. Es soll etwas Einfaches und Schnelles geben, also Spaghetti mit Tomatensoße. Ich übernehme die Kocherei und zu viert sitzen wir gemütlich auf der Veranda und trinken Wein.

Marlies und ich gehen später nochmal runter zum Fluss – und da gab es noch ein besonderes Highlight: ein großer Biber schwimmt in aller Seelenruhe am Ufer entlang gegen den Strom und hält direkt auf uns zu. Unbeweglich bleiben wir stehen und ich greife in Zeitlupentempo zu meiner Kamera. Tatsächlich schwimmt der Biber einen halben Meter vor unseren Füßen entlang und es gelingen tolle Videoaufnahmen. Gegen 20:00 Uhr nehmen wir mit dem Sattelitentelefon Kontakt zu Peter auf und geben einen kurzen Statusbericht durch. Alles ok, Wasserstand extrem niedrig, Boote heile. Auf unsere Frage nach dem Wetter berichtet Peter, dass es morgen noch durchwachsen sein soll, in den nächsten Tagen aber keine weiteren Regengebiete in Sicht sind. Das macht Mut!

Dietmar ruft zu Hause an um ein Lebenszeichen abzugeben.

11.07.2017

Ohne Orientierung

Heute schlafen alle bis 09:30 Uhr – uns treibt ja keiner. Selbst ich halte es bis halb neun im Bett aus, dann stehe ich auf und bringe den Gaskocher in Gang. Davon werden natürlich alle anderen auch wach. Gegen zehn sitzen wir bei einem kargen Frühstück, das aus einem halben Bannock pro Person besteht, aber auf die restlichen Nudeln von gestern hat niemand Appetit. Pe hat heftige Kopfschmerzen und legt sich noch eine Weile mit einer Tablette auf die Pritsche während wir anderen die Klamotten für die Weiterreise zusammenpacken. Wir wollen heute zu Peters letzter Camp-Empfehlung – eine Strecke von rund zwanzig Kilometern. Das Wetter ist bewölkt, grau und diesig, aber immerhin trocken. Gegen 12:30 Uhr sind wir startklar und legen ab. Pe geht es besser, die Tablette hilft.

Nach  100 m wundere ich mich über den fehlenden GPS-Empfang am Garmin und bemerke, dass beim letzten Batteriewechsel die Micro-SD mit der Alaskakarte rausgefallen sein muss. In Panik drehen wir das Boot und paddeln gegen die Strömung zurück. Wir müssen die Karte unbedingt wiederfinden. Marlies meint, beim Ausfegen hätte sie ein kleines schwarzes Plastikding mit rausgekehrt und will beim Suchen helfen. Pe und ich laufen schon  vor und während ich auf dem Hüttenboden knie, durchkämmt Pe das Gras nach dem Dreck aus der Hütte. Und tatsächlich – sie findet die kleine Karte. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Wir gehen zurück und nun kommt auch Marlies. Während des Anlegemanövers ist wieder Wasser ins Boot gelaufen und sie kam nicht richtig raus. Jetzt ist es auch egal. Wir gehen zurück und um 13:00 Uhr kann es endlich wieder losgehen.

Das Wetter ist mittlerweile ganz angenehm. Trocken, nicht zu kalt und sogar die Sonne lässt sich ab und zu wieder sehen. Die Strömung ist durch die Regenfälle recht stark und so erreichen wir unser Ziel schon nach gut zwei Stunden. Der Platz ist von Bäumen umgeben und ganz angenehm – obwohl Pe die Aussicht auf die Berge vermisst. Nachdem Zelte und Tarp aufgebaut sind gehen wir erstmal ins Wasser zum Abkühlen. Die Sonne hat wieder mächtig an Kraft gewonnen. Mittlerweile ist der Himmel fast wolkenlos. Schon verrückt das Wetter hier. Wir wollen mindestens einen Pausentag einlegen um die Ausrüstung und uns mal wieder richtig auf Vordermann zu bringen. Außerdem würde ich gerne nochmal in Ruhe angeln – obwohl der Platz nicht sehr vielversprechend aussieht. Nach unserem Abendessen – den aufgewärmten Nudeln von gestern – legen sich Marlies und Pe ins Zelt. Dietmar kümmert sich um den Abwasch und geht dann hinterher. Ich treibe mich in der Gegend rum und sammle eine ganze Tüte voll Kiefernharz. Der perfekte Zunder bei nassem Wetter. Gerade taucht Dietmar wieder auf und fängt an Wäsche zu waschen. Ich warte damit bis Pe wieder wach wird. Wir wollen uns heute auch bei Jarek melden. So gegen 23:00 Uhr, dann ist es zu Hause neun Uhr morgens. Eigentlich müsste der Herr Student dann erreichbar sein. Hoffentlich übermannt Pe danach nicht das Heimweh…! Die Verbindung klappt tadellos, aber natürlich hat Jarek noch geschlafen. Zu Hause ist aber wohl alles in Ordnung. Den Abend verbringen wir mit Rum, Wein und Schokolade bis 01:30 Uhr am Lagerfeuer. Morgen kann ja jeder so lange schlafen wie er will.

13.07.2017

Bergfest

Die Hälfte unseres Abenteuers ist nun fast vorbei!

Wir wachen um neun mit Sonnenschein auf und ich muss zuerst meine Hände verarzten. Total rissig und rau. Dann widme ich mich dem morgendlichen Kaffee. Bin heute recht spät dran. Wir frühstücken gemeinsam und bleiben bis zum Mittag in der Sonne sitzen. Anschließend geht das Gerödel wieder los. Wir sind grade vertieft in die Packerei, als plötzlich am gegenüberliegenden Ufer eine riesige Tanne mit Getöse und lautem Krachen in den Fluss kippt. Einigermaßen erschrocken sehen wir uns an – was wäre, wenn uns so etwas auf dem Fluss passiert? Bei Strömung wäre ein Ausweichen kaum möglich.

Gut gelaunt, furchtlos und bei schönstem Sonnenschein legen wir dennoch ab. Nach zwei Stunden machen wir eine Pause und angeln ein wenig. Das heißt ich gehe angeln und Dietmar pennt. Tatsächlich habe ich Glück und fange nach einer halben Stunde in einem Seitenarm einen ca. 70 cm großen und wohl 2,0 kg schweren Weißfisch. Wie eine Äsche sieht er nicht aus, ein Hecht ist es auch nicht. Jedenfalls wird er direkt am Fluss ausgenommen und zusammen mit zwei weiteren kleinen Äschen bringe ich meine Beute nach Hause. Nach zweieinhalb Stunden geht es weiter und wir passieren einen schönen Lagerplatz nach dem anderen. Zwischendurch finden wir die Überreste eines roten Kanadiers – wie sich später herausstellt ist das eines von Peters Booten, das vor zwei Jahren durch Trapper Archie zurückgebracht werden sollte. Leider hat das wohl nicht funktioniert. Das Kunststoffwrack wir wohl noch weitere Jahre hier in der Wildnis liegen… Um 19:30 laufen wir unser nächstes Camp an. Diesmal wird es wieder ein Lager-light, d.h. ohne großen Tarpaufbau. Ist bei diesem Wetter auch nicht nötig. Nachdem die Zelte stehen springen wir wieder mal alle in den Fluss, dann wird gekocht. Heute gibt es Couscous mit der Füllung von meiner gestrigen Calzone und natürlich frischen Fisch. Ein drei-Sterne-Essen mitten in der Wildnis Alaskas.

Da wir heute das Bergfest feiern machen wir die erste Flasche Rum leer – es wird langsam sehr eng mit dem Alkohol.

14.07.2017

Lagerroutine

Die übliche Morgenroutine: Aufstehen, Feuer, Kaffee… nur das es auch bei mir immer später wird. Bin zwar heute um kurz vor fünf wach geworden, habe dann aber noch bis um sieben wieder geschlafen. Währen des Frühstücks mit den letzten Käseresten und Bannock von gestern besuchen uns in einiger Entfernung mehrere sehr große Vögel mit teilweise roten Köpfen. Dietmar meint es sind Großtrappen, eine in Deutschland sehr seltene Vogelart. Für Ornithologen wohl ein großes Ereignis… für uns eine nette Frühstücksunterhaltung. Später wird uns Peter erklären, dass wir lediglich Kraniche gesehen haben.

Gegen Mittag paddeln wir weiter, nicht ohne vorher noch einmal gebadet zu haben. Es ist wieder wolkenlos und die Sonnen brennt vom Himmel – mit 44,2 Grad der aktuelle Temperaturrekord!

Nach 2,5 Stunden rasten wir auf einer Kiesbank im spärlichen Schatten einiger Büsche. Wir machen ein Nickerchen, lesen, schnitzen am Alaskastock rum…. Hoffentlich bekomme ich das Andenken auch durch den Zoll! Nach der ausgedehnten Pause geht nochmal für zwei Stunden weiter und gegen 20:00 Uhr schlagen wir das nächste Lager auf. Unser Etappenziel von 35 Kilometern haben annähernd erreicht, obwohl die Strömung hier im Unterlauf tatsächlich merklich nachlässt und teilweise kaum spürbar ist. Das Abendessen besteht aus Kartoffelpamps aus dem Dutch Oven, hätten eigentlich Bratkartoffeln werden sollen. Mit Sour Creme und einem Bier war es aber trotzdem ganz lecker. Nur der Speck verändert zusehend seine Konsistenz.

Am gegenüberliegenden Ufer beobachten wir mit Dietmars Fernglas eine Biberfamilie die sehr geschäftig hin und her schwimmt und sich durch uns in keinster Weise stören lässt. Elche haben sich heute leider auch wieder nicht blicken lassen, dafür haben Pe und ich relativ frische Bärenspuren auf unserer Kiesbank entdeckt. Bei Aufräumen sind wir heute besonders gründlich und packen alles sorgfältig weg. Morgen wollen wir nach den heutigen Temperaturen erst am späten Nachmittag los und in den Abend bzw. die Nacht hinein fahren. Vielleicht klappt es dann ja auch mit den Elchen.

15.07.2017

Kuh mit Kalb

Heute bin ich zeitgleich mit Dietmar auf den Beinen und prompt fehlen mir die ersten beiden einsamen Stunden alleine… also beginnt der Tag etwas wortkarg. Diesmal beginnt Dietmar damit das Feuer in Gang zu bringen, dann filtert er Wasser. Ich kümmere mich um Bannock, diesmal mit Speck und Zwiebeln. Ich backe mit Hefe und lasse die Brötchen bei kleiner Hitze schön langsam backen. Sie gehen wunderbar fluffig auf. Irgendwann stoßen die Frauen zu uns und lösen Dietmar beim mit dem Filtern ab. Der liest zur Untermalung ein wenig aus seinem Buch vor. Ich sitze am Feuer und schmökere in dem Thriller von Marlies während ich das Brot im Blick behalte. Um die Mittagszeit halten wir Siesta, Pe und Dietmar im Zelt während Marlies und ich uns in den Schatten einiger Büsche setzen und weiter lesen. Gegen drei mach wir uns das Mittagessen. Reis mit Paprika, Zwiebeln, Zucchini und Knoblauch mit getrockneten Tomaten und Hühnchenfleisch aus der Dose – könnte auch Fisch oder Hundefutter sein – riecht jedenfalls so. Gegen 17:00 Uhr sind wir startklar für die nächste Etappe. Schönes Paddelwetter mit strahlendem Sonnenschein, aber der aufkommende Wind und der diesige Horizont lassen erahnen, dass es ohne Regen heute nicht gehen wird. Um halb sieben haben wir das Tarp aufgestellt um den Regen abzuwettern. Mittlerweile sind wir schon sehr routiniert und die dunklen Gewitterwolken mach uns keine Angst mehr. Geregnet hat es dann aber doch nur ein paar kleine Tropfen – nass geworden ist nur Dietmar, weil beim Aussteigen aus dem Boot wieder rücklings in den Fluss gekippt ist. Nach etwas Trockenfleisch, Whisky und Wein geht eine Stunde später weiter. Und diesmal erfüllt sich tatsächlich Pe`s Wunsch: wir überraschen hinter einer Flussbiegung eine Elchkuh mit ihrem Kalb.

Sogar ein Schnappschuss ist drin. Die Strecke auf dem ruhigen Fluss ist sehr schön und die romantische Abendstimmung wird von einem „Sonnenuntergang“ untermalt. Da wir unbedingt das nächste von Peter markierte Camp erreichen wollen, paddeln wir bis fast um Mitternacht weiter. Kurz vor dem Ziel sind wir uns unsicher, ob wir die Stelle schon erreicht oder gar verpasst haben, was aber nach dem GPS nicht stimmen kann. Ich überrede die anderen zum Weiterfahren und bin doch erleichtert, als wir hinter den nächsten zwei Kurven tatsächlich einen schönen Lagerplatz finden, der mit den GPS-Daten übereinstimmt. Schnell ist das Lager aufgeschlagen und wir sitzen am Lagerfeuer und löffeln den Schokopudding, der heute Mittag von Marlies vorbereitet wurde.

Der Tag klingt um halb zwei mit Bier und Rum aus.

16.07.2017

Küchenhechte

Alle sind heute relativ früh wach und auf den Beinen, Pe braucht etwas länger, ist aber auch um 11:00 da. Wir frühstücken heute wieder mit frischen Bannock und Marlies kümmert sich um Wasser. Das Wetter ist heute ungewöhnlich grau und trübe, bewölkt und sehr windig. Der Platz selber ist nicht so einladend und allen ist etwas ungemütlich. Immerhin regnet es nicht. Wir halten uns nicht lange auf und paddeln zeitig um kurz nach eins los. Bis auf eine kurze Pinkelpause und eine halbe Stunde Treiben lassen paddeln wir bis halb sieben durch. Unterwegs sehen wir einen großen Elchbullen am Ufer im Dickicht stehen. Aufgefallen ist er uns nur, weil sich ein kleiner Baum etwas merkwürdig bewegt hat. Der Elch bleibt ruhig stehen, während wir uns vorbeitreiben lassen und versuchen den Moment mit der Kamera einzufangen. Wir schaffen knapp 30 Kilometer und nutzen dann die mit Abstand kleinste Kiesbank um das Lager wieder zu errichten. Hier im Unterlauf wird es mit geeigneten Lagerplätzen schwierig und wir haben Glück, dass der niedrige Wasserstand so manche Kiesbank freilegt, die es normalerweise nicht geben würde. Wir gönnen uns etwas Ruhe und anschließend versuchen Dietmar und ich unser Glück mit den Angeln. Laut Peter soll es hier Hechte geben. Und damit hat er Recht. Ich fange nach ca. einer Stunde einen 50cm-Hecht, der wunderbar zu unsere Reispfanne passt. Nach dem Essen wird nur aufgeräumt und alle verschwinden um elf im Zelt. Die lange Paddelstrecke fordert ihren Tribut.

17.07.2017

Elchtach

Aufstehen um acht, Kaffee, schnelles Frühstück nach Standard nachdem alle ein frisches Morgenbad im Fluss genommen haben. Wir müssen noch den Wasservorrat ergänzen und brechen dann aber um halb zwölf auf. Der Tag ist freundlich, mit Sonnenschein, wenn es auch ein wenig windig ist. Bevor es richtig losgeht, legen wir an gegenüberliegenden Ufer an, weil Marlies und Pe die Ebene dahinter erkunden wollen. Zu sehen gibt es zwar nichts außer Wiese – die erwartete Elchherde ist wohl grade weiter gezogen. Nach zwei Stunden paddeln legen wir uns ins „Päckchen“ und lassen uns eine ganze Weile einfach treiben. Die Strömung ist wenigsten so stark, dass wir nicht auf der Stelle stehen bleiben. Ein Nickerchen, etwas lesen und ein gemütliches Picknick auf dem Wasser, dann geht es weiter.

Nach der nächsten Kurve überraschen wir einen Elchbullen der sich am Ufer sonnt. Und das soll heute nicht unsere einzige Begegnung bleiben. Insgesamt 10 (!) Elche treffen wir heute – mehr als genug um auch Pe zufrieden zu stellen. Darunter eine Kuh mit drei Kälbern und ein kleiner Bulle der vor uns im Fluss ein Bad nimmt. Er muss eine ganze Weile vor uns her schwimmen, bevor er eine Möglichkeit findet das Ufer zu erklimmen und zu verschwinden. Einige große Weißkopfadler sehen wir ebenfalls und einen etwas bekloppten Schwan, der ca. zwei Kilometer laut rufend (bzw. hupend) vor uns her schwimmt um von seiner Familie abzulenken. Wir paddeln ein paar weitere Stunden im Katamaran-Style weiter und laufen später eine kleine Kiesbank an, die normalerweise tief unter Wasser steht. Feucht, matschig und klein, aber immer noch besser als ein Platz im Gebüsch des Hochufers. Wie schon gesagt: die Lagerplätze werden seltener.

Wir bereiten einen Süßkartoffel-Möhren-Eintopf zu, während Dietmar nochmal auf Hechtjagd geht – mit Erfolg, nachdem zwei Hechte quasi wieder aus der Panne gesprungen sind. Die tägliche Müllverbrennung fällt heute mangels Feuerholz aus – ärgerlich bei den ganzen Fischabfällen. Wir versuchen so gut es geht alles mit Grillanzünder zum Brennen zu bekommen, funktioniert aber ehr schlecht. Schlussendlich vergraben wir die Essensreste im Ufersand. Gegen Mitternacht liegen wir in den Schlafsäcken und hören den rufenden Eulen zu.

18.07.2017

Die rettende Insel

In der Nacht haben wir noch weiteren Besuch von Schwänen und Gänsen bekommen, haben sich aber benommen und waren leise. Wieder beginnt der Tag mit klarem Himmel und strahlendem Sonnenschein. Zum Frühstück gibt es Bannock- und Müslireste. Neues Backen fällt wegen akutem Holzmangel heute aus. Nach dem Zusammenpacken gehen wir alle wieder ausgiebig baden um uns abzukühlen und sind dann erfrisch gegen dreizehn Uhr auf dem Wasser. Wir haben heute ein strammes Tagespensum vor uns: bis zu Peters nächster Camp-Empfehlung sind es ca.45 km. Nach zwei Stunden paddeln lassen wir uns, wie gestern, im Päckchen treiben und kommen so auch während der Pausen noch langsam voran. Nach einer Stunde geht es dann weiter. Die fehlende Strömung macht uns zu schaffen, der Unterlauf des Beaver Creek ist hier fast wie ein stehendes Gewässer. Um uns abzulenken, schlagen wir uns die Zeit mit Prominentenraten um  die Ohren. Um 18:00 Uhr machen wir die nächste Pause mit Möhren, Äpfeln und Knabbernüssen. Eine Stunde später blasen wir zum Endspurt und wollen nun das von Peter beschriebene Lager an einem Hochufer erreichen. Wir kommen unterwegs wider Erwarten an einer schönen Kiesbank vorbei, die wir für eventuelle Nachfolger kartographisch festhalten. Für uns ist es aber noch zu früh und wir fahren weiter, um das Tagespensum zu schaffen. Unterwegs sichten wir noch drei Elche, zwei große Weißkopfadler und unzählige Biber. Wir passieren kurz vor unserem Ziel den Saxon Shortcut – eine Abkürzung, die uns mit Sicherheit einige Tage Paddeln auf dem Unterlauf ersparen würde. Für uns ist das bei dem niedrigen Wasserstand jedoch keine Alternative, die wir ernsthaft in Betracht ziehen. Wir erinnern uns an Filme, in denen Kanuteams die Boote und das Gepäck quer durch das Unterholz geschleppt haben, weil der Wasserlauf vollständig blockiert war. Gegen 22:30 nähern wir uns dem Ziel – laut GPS jedenfalls – und sind etwas sprachlos, als wir an der von Peter bezeichneten Stelle lediglich einen Steilhang mit vorgelagerter Schlammbank finden. Bei normalem Wasserstand ist das Ufer sicher gut zu erreichen, jetzt jedoch müssen wir durch knöcheltiefen Schlamm stapfen, als wir anlegen um den Platz zu begutachten. Wir werden begeistert von Mückenschwärmen empfangen, als wir uns den Abhang hoch zum angeblichen Zeltplatz hochkämpfen. Dieser ist wenig vielversprechend und wir rätseln, wir hier tatsächlich zwei Zelte aufgebaut werden sollen. Nachdem wir den ersten Schock und die Enttäuschung überwunden haben, entschließen wir uns trotz der fortgeschritten Stunde für eine Weiterfahrt. Brot, Salami und etwas Süßes halten wir griffbereit, ziehen uns etwas Wärmeres an, richten uns auf ein paar weitere Stunden auf dem Wasser ein und beginnen erst einmal mit einem gemütlichen Abendessen, Bier und reichlich Rum. Die Stimmung hebt sich wieder, es ist ausreichend hell und das Picknick hat uns gestärkt. Begleitet von Dietmars virtuosem Mundharmonikaspiel und antwortendem Wolfsgeheul aus der Ferne, treiben wir weiter und schmieden verschiedene Pläne, wie man am besten eine ganze Nacht auf dem Fluss verbringen kann: direkt am Ufer festmachen, und im Boot schlafen, weitertreiben lass und abwechselnd Wache schieben… Dazu kommt es jedoch gar nicht. Um halb zwei sichten wir eine kleine Kiesinsel, die wohl bei Normalwasser weitgehend überschwemmt ist. Als Lagerplatz um Längen besser geeignet als das mückenverseuchte Hochwaldlager. Aufgedreht und euphorisch, aber auch völlig übermüdet stellen wir die Zelte innerhalb von 15 Minuten auf und fallen in die Betten. Morgen soll es erst gegen Abend wieder losgehen. Es war ein spannender, ereignisreicher Reisetag.

19.07.2017

Luchs-Nacht

Trotz der langen und anstrengenden Nachtfahrt treibt uns die Sonne schon um halb zehn aus den Zelten. Wir beginnen den sonnigen Tag mit einem Bad im Fluss – die bisher schönste Badestelle – und lassen es langsam angehen. Die gestrige Tour steckt uns noch allen in den Knochen. Das Frühstück besteht heute aus den Resten des Süßkartoffel-Möhren-Eintopfes, den wir mit einer Handvoll Nudeln etwas verlängern. Der Morgen vergeht mit Wasserfiltern, Pe bereitet literweis Wasser vor, Wäsche waschen und immer wieder springen wir zu Abkühlung in den Fluss. Am liebsten möchte man aus dem kalten Wasser gar nicht wieder heraus und selbst das provisorische Tarp spendet auf dieser fast strauchlosen Kiesbank nicht genug Schatten. Wieder fehlt es uns an geeignetem Brennholz, daher backt Dietmar unser Bannock diesmal auf dem Trangiakocher. Eine sehr zeitraubende Prozedur, aber wir haben ja Zeit. Beim Wasserabfüllen fällt Marlies plötzlich auf, dass unsere Trinkflaschen Innen kleine schwarze Flecken haben. Wir vermuten, dass es sich um Schimmel handelt und reinigen alle Wasserbehälter gründlich mit kochendem Wasser, Essig und geben dem Wasser zum Schluss noch die Micropur-Tabletten zu. Ich denke damit sind wir auf der sicheren Seite. Gegen Mittag wird noch eine große Portion Nudeln mit Tomatensoße gekocht, dazu gibt es den merkwürdigen Lachs aus der Tüte. Schmeckt genau wie das Huhn aus der Dose…

Es ist drückend heiß und wir tun uns mit dem Abbau des Lager heute sehr schwer. Alle sind sich aber einig, dass wir heute noch weiter wollen und so sind wir gegen achtzehn Uhr abfahrbereit.

Es ist selbst jetzt in den Abendstunden noch heiß, der Fluss hat fast keine Strömung, aber es wird eine schöne und entspannte Tour. Wir sind völlig begeistert, als ich am Ufer plötzlich einen jungen Luchs entdecke, der seelenruhig von einem Boot zum anderen schaut und keine Anstalten macht davon zu laufen. Es scheint ein junges Tier zu sein, das noch nie mit Menschen oder Booten in Kontakt gekommen ist. Ein wunderbares Naturerlebnis inklusive Portraitfoto.

Die weitere Fahrt schleppt sich Stunde um Stunde dahin. Die Arme werden langsam schwer, aber wir finden keinen geeigneten Lagerplatz. Um kurz nach Mitternacht gibt es Bannock mit Blaubeermarmelade in den Booten, die Stimmung bleibt aber gedrückt. Wir verwerfen mehrere Plätze und paddeln Kilometer um Kilometer weiter. Marlies entdeckt an einem Ufer ein halbes Elchgeweih, etwas angefressen aber ein tolles Souvenir, das uns die nächsten Tage begleiten wird.

20.07.2017

Yukon-River

Irgendwann gegen zwei Uhr nachts – die Sonne fängt schon wieder an über den Horizont zu steigen – stoßen wir auf die Gabelung des Beaver Creek mit der Beaver Slough. Ein breiter Fluss mit sehr viel hellem Sediment nimmt den Beaver Creek auf. Beide Wasser fließen mehrere Hundert Meter neben einander her, bis sie sich schließlich zu einem Milchkaffeebraun vermischen. Die Ufer sind sehr steil und extrem matschig. Ein Anlanden fast unmöglich. Also geht es immer noch weiter, jetzt aber mit einer ganz beachtlichen Strömung. Um halb vier dann endlich die Rettung. In einer Kurve finden wir eine flache Kiesbank, dort wollen wir wenigstens für ein paar Stunden die Zelte aufbauen um etwas zu schlafen. Wie überall an den Ufern sind auch hier besonders viele – und aus unserer Sicht besonders frische – Bärenspuren. Aber wir sind so müde, dass wir trotzdem bleiben. Um 04:30 Uhr ist alles aufgebaut und wir liegen in den Schlafsäcken.

Nur fünf Stunden später werden wir nach einer etwas unruhigen „Nacht“ durch grollenden Donner endgültig geweckt. Der Himmel hat sich zugezogen und es sieht nach einem üblen Gewitter aus. Schnell hole ich mit Dietmar Bannock, heißes Wasser und Marmelade aus den Booten und wir sichern notdürftig das Gepäck. Eine halbe Stunde später fängt es an zu regnen, während wir gemütlich im Zelt liegen. Irgendwann verzieht sich das Gewitter und um zwei Uhr mittags sitzen wir wieder in den Booten. So langsam verschwimmen die Grenzen zwischen den Tagen….

Nach anderthalb Stunden müssen wir uns mit eingezogenen Köpfen am Ufer an einen Baum klammern um das nächste Gewitter abzuwettern. In Regenjacken und notdürftig mit den Regenponchos geschützt ist das die bisher unkomfortabelste Art ein  Gewitter auszusitzen. Trotzdem läuft man ständig in Gefahr einzunicken und womöglich aus dem Boot zu kippen. Das Desaster dauert bis fünf Uhr, dann klart es etwas auf und wir wollen weiter. Nur kurze Zeit später halten wir erneut an einer Kiesbank um uns die steifen Beine zu vertreten und die durchnässten Klamotten los zu werden. Schon lässt sich die Sonne wieder blicken und der Himmel und unsere Laune hellen sich wieder auf. Die Stimmung verbessert sich weiter, als wir nach einem Blick auf die Karte feststellen, dass wir trotz des heftigen Gegenwindes ein gutes Stück vorangekommen sind. Bis zu unserem Etappenziel, einer kleinen Insel im Yukon, ist es nicht mehr weit. Kurz darauf erreichen wir den Yukon und sind überwältigt von der Größe dieses Stromes. Die Landschaften und Eindrücke wechseln, nur der Wind kann hier zu einem echten Problem werden. Wir können unser Ziel fast sehen, als sich erneut dunkle Wolken auftürmen. Kurz vorm Ziel müssen wir tatsächlich ein drittes Mal am heutigen Tag vor einem Gewitter Schutz suchen, diesmal allerdings wieder besser vorbereitet mit Tarp, Whisky und Schokolade. Nach zwei Stunden Zwangspause erreichen wir dann endlich unser Ziel um 22:00 Uhr, nicht ohne dass wir vorher eine andere Insel angelaufen sind, die bei anderem Wasserstand wohl kaum zu sehen wäre. Die Orientierung fällt uns schwer und ohne GPS wäre ich hier echt verloren!  Die kleiner der beiden Yukon-Inseln, die auf der Karte zu identifizieren sind, soll für zwei Tage unser Camp werden. Eine Pause die wir uns wirklich verdient haben. Wir bauen unser Lager also diesmal wieder vollständig und sorgfältig auf. Ein toller Platz mit fantastischer Aussicht auf den breiten Strom. Während wir die Nudeln von gestern aufwärmen bewundern wir einen kinoreifen Sonnenuntergang, der alle paar Minuten schöner wird. Eine beeindruckende Entschädigung für diesen Gewittertag. Es wird wieder ein Uhr, bis wir in den Zelten liegen. Wir freuen uns über 500 km Paddelstrecke und den morgigen Pausentag. Die restlichen 160 Kilometer müssen wir dann in vier tagen schaffen. Machbar – wenn der Wind mitspielt.

21.07.2017

Heißer Sonnenstrand

Nach einem weiteren Gewitter in der Nacht und einer Notaktion in der ich unser Tarp vor heftigen Windböen retten muss beginnt dieser Tag wieder wie gewohnt mit Sonnenschein. Wir bleiben alle lange liegen und stehen erst gegen elf Uhr auf. Als erstes geht es in den Fluss. Wer kann schon behaupten im Yukon gebadet zu haben! Frühstück gibt es dann in zwei Etappen: den ersten Gang bilden die Bannockreste der Vortage, der zweite Gang besteht aus Rührei (Trockenpulver) mit Speck, Zwiebeln und Kartoffelpüree. Ungewöhnlich, schmeckt aber sehr gut. Dann ruft die übliche Lagerroutine: Wasser filtern, Brot backen, Ausrüstung checken und chillen.

Dann wird es auch schon wieder Zeit sich um das Abendessen zu kümmern: Kartoffelpfanne mit alle Gemüseresten die wir noch in den Booten finden und einigermaßen verwerten können. Abenteuer und Vorräte neigen sich dem Ende zu! Eine Portion für morgen haben wir gleich mit gekocht. Nach dem Essen wird das Feuer in Gang gebracht und Müll in großem Stil verbrannt. Es hat sich in den letzten Tag ganz schön was angesammelt. Gegen Abend gibt es noch eine Fotosession in Watstiefel… Sehr lustig! Und natürlich immer mit Marlies’ Elchschaufel.

Wir sitzen noch bis 00:30 am Lagerfeuer und gehen dann zu Bett. Ich bin gespannt wie weit wir morgen kommen. Ziel: mindestens 40 Kilometer.

22.07.2017

Windjammer

Wieder ein Tag der mit Sonnenschein beginnt. Heute bin ich wieder mal der Erste und sorge für Feuer, Wasser und Kaffee. Frühstück mit Bannock und Marmelade, dann aufräumen und Lager abbauen. Wir hinterlassen als Lebenszeichen für Mario und Erwin unsere Vereinsflagge mit einem Gruß – keine Ahnung, ob sie je gefunden wird. Voller Elan geht es um kurz vor eins auf den Fluss – nur um 90 Minuten später wieder an einer Kiesbank anzuhalten. Der Westwind ist so stark, dass wir kaum von der Stelle kommen und das ständige Gegen-an-Paddeln raubt uns alle Kräfte. Wir werden bis in die Abendstunden warten und hoffen, dass der Wind dann abflaut. Also wird ein Tarp aufgestellt, diesmal sehr komfortabel mit „Zimmerpflanzen“ und wir verbringen die Zeit mit dösen, lesen und quatschen. Die wirklich frischen Bärenspuren ignorieren wir – es bleibt uns eh nichts anderes über. Zwischendurch wird unter dem Tarp das Essen von gestern mit unserem Gaskocher aufgewärmt. Um 21:00 geht die Reise dann weiter. Der Wind ist tatsächlich deutlich abgeflaut, macht uns aber immer noch zu schaffen. Ich verliere durch das langsame „Dahinkriechen“ wirklich den Mut aber als Pe anfängt Kinderlieder zu singen und Optimismus zu verbreiten bessert sich die Laune wieder. Mit fortschreitender Stunde wird der Wind immer schwächer und in windgeschützten Kurven kommen wir sogar einigermaßen voran. Am Ufer tauchen noch zweimal Schwarzbären auf, aber leider zu weit entfernt für ein Foto. Mit dummen Sprüchen, blöden Liedern und Prominentenraten versuchen wir uns bei Laune zu halten, wird aber zusehends schwieriger. Wir müssen zweimal den Yukon queren und gegen den Wind ankämpfen und erst morgens um halb vier erreichen wir nach einer wirklich kräftezehrenden Etappe unser Ziel. Wir suchen uns eine große, flache und übersichtliche Kiesbank, bauen schnell die Zelte auf und gönnen uns nur noch eine heiße Schokolade mit Rum, dann liegen wir in den Betten. Trotz des langen Tages sind wir aufgedreht und diskutieren über die Frage, an welcher Sitzposition das Paddeln anstrengender ist. Habe erwähnt, dass es nervt, wenn Pe nach jedem dritten Schlag wieder aufhört zu paddeln – dass hat sie in den falschen Hals bekommen. Völlig blöd. Dabei bin ich echt stolz auf meinen Schatz! Welche Frau macht schon so eine Abenteuertour mit?!?!?

23.07.2017

Bärenbesuch im Wüstensturm

Heute werden wir durch heftigen Wind geweckt und ich krieche aus dem Zelt um die Sturmleinen zu befestigen. Dabei macht sich unser fataler Fehler bei der gestrigen Lagerplatz-Auswahl bemerkbar. Der starke Westwind treibt regelrechte Sandböen über die flache Insel und wir stehen mit den Zelten völlig ungeschützt. Durch alle Öffnungen und Ritzen dringt feinster Sand und Staub in das Zelt und in alle Gepäckstücke, die Schlafsäcke, die Klamotten…

Wir packen trotz des Windes die Zelte im Sandsturm zusammen und suchen auf der gegenüber liegenden Inselseite etwas Schutz unter unserem Tarp. Das hilft allerdings nur wenig. Wir kommen uns vor wie in einem Wüstensturm und an eine Weiterfahrt ist nicht zu denken. So gut es geht richten wir uns darauf ein, den Sturm hier auszusitzen und beginnen mit einem späten Bannock-Frühstück und Kaffee. Reste des Eintopfes haben wir auch noch und heute erfüllen wohl auch die Fertiggerichte ihren Zweck. Die Sonne lässt sich nicht blicken, Fluss und Himmel verschwimmen in undefinierbarem Grau. Aus Westen ziehen vermeintliche Rauchwolken herüber und es riecht „verbrannt“. Ein Waldbrand wäre jetzt das Letzte, was uns auf der Abenteuer-Liste noch fehlt   (Peter bestätigt später, dass es tatsächlich einen Waldbrand am Yukon gegeben hat – allerdings sehr weit entfernt). Wir versuchen die Zeit mit Schlafen und Lesen zu vertreiben, Dietmar probiert es sogar noch einmal mit der Angel. Es ist jetzt 17:00 Uhr und ich bin gespannt, wann es heute wohl weitergeht und ob wir unseren „Reservetag“ tatsächlich brauchen. Um 18:00 Uhr essen wir die aufgewärmten Reste der Kartoffel-Gemüse-Pfanne, die Dosen lassen wir aber noch zu. Eine sehr ungemütliche Mahlzeit direkt an den Booten. Dort liegt allerdings kein loser Sand, der uns um die Ohren und in das Essen weht. Wir sind grade mit dem Essen fertig, als Pe mit ihren Adleraugen einen Bären in den Sandwehen entdeckt. Wohl angelockt durch den Geruch unserer Mahlzeit trottet er durch den Sandsturm auf uns zu und ist nur knapp 100 Meter entfernt. Nachdem wir unsere Überraschung überwunden haben, fangen wir an zu winken, zu pfeifen und zu schreien, um auf uns aufmerksam zu machen. Erstmal passiert gar nichts und der Bär trottet weiter auf uns zu, dann stutzt er verwundert und dreht ab in Richtung Tarp auf der anderen Seite hinter den Büschen. Dort verlieren wir ihn aus den Augen und wissen nicht, ob er die Insel verlassen hat oder grade unseren Unterschlupf und die Ausrüstung auseinander nimmt. Bewaffnet mit Bärenspray, Pfeifen und Campingstühlen gehen wir langsam mit dem Wind auf unser Lager zu und machen so viel Lärm wie es geht. Der Bär ist aber wohl durch das laut im Wind knallende Tarp verschreckt worden und hat wieder an das andere Ufer gewechselt. Anhand der Spuren können wir sicher sein, dass wir wieder alleine auf der Insel sind.

Also warten wir beruhigt weiter. Schlafen, lesen, dösen – endlich wird es gegen 22.00 Uhr ein wenig ruhiger, Wind und Regen lassen  nach und wir beschließen zu packen und weiter zu fahren. Bloß weg von dieser Sandbank! Um viertel nach elf legen wir ab. Der Wind wird immer weniger und wir kommen recht gut voran. Vor der „Windy Bend“ hat uns Peter schon bei der Kartenbesprechung gewarnt und wir müssen dort wirklich alle Kräfte mobilisieren um uns durch diesen Windkanal zu kämpfen. Die Tour zehrt gewaltig an den Kräften und nachdem wir eine weitere sehr windige Passage hinter uns haben suchen wir nach einem Lagerplatz. Den finden wir gegen fünf Uhr ein paar Kilometer vor Stevens Village. Ein merkwürdiges Gefühl, der Zivilisation wieder so nahe zu sein. Außer einem Schluck Whisky geht nichts mehr und wir fallen todmüde in die Zelte.

24.07.2017

Das letzte Camp

Nach vier Stunden bin ich wieder auf den Beinen und schreibe mein Tagebuch weiter. Die Muskeln brennen immer noch von der „gestrigen“ Tour. Ich bin unruhig. Noch 70 Kilometer – grade ist das Wetter trocken und windstill. Eigentlich perfekt um weiter zu fahren, aber damit muss ich dem Rest der Mannschaft bestimmt nicht kommen…

Der gestrige Tag hat uns alle geschafft. Es reicht uns langsam, wir müssen später unbedingt mit Peter telefonieren. Nur der Gedanke an ein Hotelzimmer mit heißer Dusche hält uns noch bei Laune. Um elf sind wir alle auf den Beinen und nach einem „Frühstück“ aus Fertigdosen mit zusätzlichen Nudeln packen wir unsere Sachen zusammen. Wir telefonieren mit Peter und geben unseren Standort durch – sollen uns heute Abend noch einmal melden um genau einschätzen zu können, wann wir an der Brücke sind. Viertel nach drei sind wir auf dem Wasser. Es ist wolkig aber trocken, ein sanfter Wind macht die Fahrt sehr angenehm. Die Landschaft hat sich hinter Stevens Village geändert und es ist wieder recht bergig. Links und rechts am Ufer steile Hänge, je nach Kurvenrichtung gibt es auch wieder Strecken mit heftigem Gegenwind. Ab und zu sehen wir Fishcamps der First Nations – den Indianer in Alaska ist es erlaubt Lachse als Broterwerb zu fangen. Ein Boot mit drei Leuten kommt auf uns zu, grüßen freundlich, nur einer scheint etwas aggressiv zu sein – oder sauer weil ich mit Blitz fotografiert haben. Aus einem anderen Camp winken uns freundlich die Kinder zu. Leider sind alle auf der anderen Uferseite – bei der Flussbreite eine nicht zu unterschätzende Strecke – sonst hätten wir gerne unsere restlichen Lebensmittel gegen einen Lachs eingetauscht. Ergibt sich aber leider nicht.

Um 22:00 Uhr finden wir unser letztes Camp dieser Tour. Ein grasbewachsenes Uferstück, sehr groß und sehr viel Platz, fast eben, kommt es uns vor wie ein echter Campingplatz. – nur das wir völlig alleine sind. Das Abendessen besteht aus so ziemlich allen Resten die wir in den Booten noch finden, und wird durch Zugabe weiterer Fertiggerichte noch etwas gestreckt. Geschmacklich kein Hit, macht aber satt. Hinterher noch Schokopudding und die letzten Reste Rum und Whisky runden das letzte Abendmahl in der Wildnis ab.

Wir werden morgen um neun Uhr losfahren. Es sind nur noch 13 Kilometer und Kelly holt uns um 14:00 Uhr an der Brücke ab. Eigentlich viel Zeit, aber wir rechnen damit, dass wir die ganze Zeit Gegenwind haben.

25.07.2017

Das Ziel

The last Day! Alle sind wie verabredet um 07:00 Uhr wach. In Rekordzeit werden zum letzten Mal die Zelte abgebaut und die Ausrüstung in den Booten verstaut. Danach gibt es ein schnelles Frühstück mit Bannock-Resten, Brot und Marmelade. Die Dusche bei Peter vor Augen, sparen wir uns das letzte Bad im Yukon und sind um 09:07 Uhr auf dem Wasser – bei fast absoluter Windstille und trockenen Wetter. Wider Erwarten schaffen wir die restliche Strecke in gut 1,5 Stunden und sind natürlich viel zu früh an unserem Ziel – Die Dalton Highway Bridge!!!

Wir nutzen die Zeit um die Boote zu entladen und die Ausrüstung zu sortieren. Wie aus den Berichten und Filmen bekannt, gibt an der Brücke eine Art Truck-Stop und den Souvenirladen einer alten Indianerin. Die erzählt uns auch gleich ihre komplette Lebensgeschichte und berichtet von ihrer Bekanntschaft mit Dirk Rohrbach, als wir zahlen, dass wir aus Deutschland kommen. Sie zeigt uns Fotos von einem Waldbrand, der scheinbar ihr Haus zerstört hat – so richtig kann man das zahnlose Nuschel-Englisch nicht verstehen. Alles macht einen recht herunter gekommenen Eindruck – und überall fliegt Müll auf dem Gelände herum. Ein äußerst ungewohnter Anblick nach fast einem Monat unberührter Natur! Als alles ausgeladen ist besorgen Marlies und ich in der Raststätte Cheeseburger, Pommes und Cola! Ein Genuss und ein Willkommensgruß der zivilisierten Welt – für fast 60$… Aber egal – es schmeckt fantastisch!

Pünktlich um 13:30 taucht Kelly dann auf, zusammen mit ihrer Tochter Casey und drei Typen aus Köln, die sie auf der Straße aufgesammelt hat. Die drei Trampen durch Alaska, nur mit Rucksack und Zelt. Auch eine Art das Land kennenzulernen – allerdings nicht so mein Ding, wenn man immer an die Straße gebunden ist, zumal es davon ja nun mal nicht so viele gibt. Wir laden unsere Ausrüstung und die Boote in der schon bekannten Art und Weise auf die Ladefläche von Big Blue und Kelly müht sich mit dem Verknoten der Seile ab. Um drei geht die ca. dreistündige Fahrt bis nach Fairbanks los. Etwas altersschwach und mit quietschenden Keilriemen setzt sich Big Blue in Bewegung. Um die Fahrt zu verkürzen hat uns Kelly Bier und Wein mitgebracht – beides wird ausgiebig probiert. Es wird eine abenteuerliche Fahrt auf der alaskanischen Autobahn, die hier allerdings eher einem geschotterten Feldweg gleicht. Die drei auf der Rückbank hüpfen und springen bei jeder Bodenwelle heftig durch die Gegend.

Gegen elf sind wir bei Peter in Fairbanks und nach einer herzlichen Begrüßung laden wir den Wagen ab. Auf der Terrasse gibt es dann mehr eisgekühltes Bier und natürlich Wein und wir berichten von unseren Abenteuern während einer nach dem Andern das Badezimmer und die Dusche entert. Endlich wieder heißes Wasser im Überfluss!!! Zum Abendessen gibt es Schweinefleisch (Pulled Pork) mit Krautsalat (Coleslaw) und doppelt gebackenen Kartoffeln mit Käse. Ein echter Hochgenuss. Es wird ein feucht-fröhlicher Abend mit viel Gelächter über unsere Abenteuer und über Peters Erzählungen von anderen Teams. Um ein Uhr Nachts beziehen wir dann wieder unsere Cabin. Die letzte Nacht gemeinsam mit Marlies und Dietmar – das beruhigende Schnarchen wird uns fehlen…

Morgen wollen wir dann nochmal für eine Nacht in ein Hotel in Fairbanks. Kelly hat für uns eine Empfehlung herausgesucht und schon gleich gebucht. Ein perfekter Service!

… und wenn euch das Lesen zu anstrengend ist:

Hier noch einmal der Link zur Diashow

 

Für Fragen stehen wir euch selbstverständlich gerne zur Verfügung und wenn ihr auch das Abenteuer in Alaska sucht können wir Peter und Kelly nur wärmstens empfehlen:

 

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